: »Was ist daran ausländerfeindlich?«
■ Rassismus und Frauendiskriminierung in Berliner Anzeigenblättchen
Schöneberg. Unter der Schlagzeile »Emine läßt Männerherzen höher hüpfen...« vergriff sich in der letzten Woche das 'Wochenblatt‘ eindeutig im Ton. Die Herren des Anzeigenblättchens für Schöneberg und andere Bezirke ziehen in ihrem Artikelchen in abfälligster Weise über die Schöneberger AusländerInnenbeauftragte Emine Demirbüken und ihr Amt her. Neben sexistischen Anzüglichkeiten, die auf die — scheinbar unverhoffte — Weiblichkeit von Emine Demirbüken abzielen, erdreistet sich das Blatt, die Politik der AusländerInnenbeauftragten durch den Kakao zu ziehen. So heißt es als Fazit in dem unseriösen Beitrag: »Kämen doch nur alle Ausländer so schön wie Emine daher. Dann wäre das Wahlrecht für diesen Personenkreis [gemeint sind wohl AusländerInnen, Anm. der Red.] mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon lange kein Thema mehr.«
Der Augenaufschlag eines »ausgesprochen ansehnlichen, weiblichen Wesens türkischer Abstammung« genügt also nach Meinung der Wochenblättler, und schon ist das Ausländerwahlrecht durch. Implizit setzen solche Vokabeln wie die eben zitierten voraus, daß weibliche Wesen türkischer Abstammung nicht besonders ansehnlich sind.
Neben der Frauenfeindlichkeit und der Verunglimpfung des AusländerInnenamtes gesellt sich also auch noch blanker Rassismus zu den stilistischen Mitteln der Schöneberger Wochenblättler.
Emine Demirbüken, die seit vier Jahren das Amt der AusländerInnenbeauftragten wahrnimmt, ist angesichts solcher Diskriminierungen natürlich entsetzt: »Ich bin empört über diesen Artikel. Das ist eine Unverschämtheit sondergleichen.« Nasrin Bassiri vom Schöneberger Amt für Frauen meint zu den Beleidigungen: »Wir finden es empörend, wenn die Ausländerbeauftragte Emine Demirbüken — eine qualifizierte und engagierte Immigrantin — in unqualifizierten Äußerungen und einer ebensolchen Sprache auf ihr Geschlecht und ihr Aussehen reduziert wird.« Ihrer Meinung nach ist der erwähnte Artikel nur eine Kostprobe der Diffamierungen, die Frauen tagtäglich in der Presse erfahren.
Das Amt für Frauen forderte gestern die zuständigen PolitikerInnen auf, solche Beleidigungen nicht unwidersprochen hinzunehmen, sondern entsprechende rechtliche Schritte gegen das Berliner 'Wochenblatt‘ zu unternehmen. Auch der stellvertretende Bürgermeister Schönebergs, Rüdiger Jakesch (CDU), empfindet den Artikel als »äußerste Geschmacklosigkeit«.
Die zuständigen Redakteure des 'Wochenblatts‘ sehen für solche Empörung gar keinen Anlaß. »Was soll daran denn ausländerfeindlich sein«, ist die erste Reaktion des Redakteurs Maß, nachdem er die letzte Ausgabe seines Blättchens erst noch einmal zur Hand nehmen muß. Anscheinend kannte er den Text noch gar nicht.
Anschließend klärt er darüber auf, daß »in der Rubrik ‘Klatsch und Tratsch‚ der Stil eben etwas lockerer« sei. »Ansonsten ist das doch ein ganz normaler Bericht«, ist sein abschließender Kommentar. Wie selbstHERRlich sich doch die bierselige Männerzotenstimmung in den Redaktionsräumen des 'Wochenblatts‘ gibt... flo
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen