: Bauchlose Anhänger
■ Kaum Internationalität und nur wenig Unterstützung vom DFB bei der Hallen-EM der Fußballfanclubs
Lichtenberg. An der diesjährigen Fanclub-Europameisterschaft nahmen zwar 16 Mannschaften teil, allerdings kamen die nur aus vier verschiedenen Ländern. Die Ajax- Amsterdam-Anhänger hatten kurzfristig abgesagt, Supporter aus Linz, Bielefeld, Zürich und Ostrava waren aber immerhin erschienen und verbrachten das Osterwochenende in der Anton-Saefkow-Halle. Weit entfernt vom Stadionbesucher-Durchschnittsaussehen, tänzelten junge durchtrainierte Männer über das Parkett, Bierbauch satt gab's nur am Schiedsrichter zu bestaunen.
Im ersten Halbfinale des Ostersonntags traten der FSV Karlshorst und die Grashopperfans „Heugümper Zürich“ gegeneinander an. Die Berliner hatten gegen den amtierenden Europameister aber nur wenig Chancen und verloren klar mit 1:3. Weit dramatischer allerdings verlief die Begegnung „Fürchtenix Union“ gegen die Baltnik Ostravas: nach zweimal 15 Minuten stand sie immer noch unentschieden. Elfmeterschießen war angesagt. Und wie man's aus dem Fernseher kennt, wurde mit allen Mitteln versucht, Torwart und Schützen malle zu machen. Man pfiff und tobte, klatschte und wütete, aber das Gelärme zeigte nur beim eigenen Berliner Mann Wirkung. Er schoß zu früh und mußte wiederholen. Diesmal traf er nicht. Menschlich erschütternde Szenen spielten sich auf dem Hallenboden ab, mancher verbarg gar sein Gesicht in den Händen. Zum Uli Hoeneß des Turniers wurde aber letztlich die Nummer 13 der Baltnik-Anhänger, er verschoß die Finalteilnahme und sank wortlos zu Boden.
„Fairfans“ hin oder her, so ein kleines bißchen den Gegner beißen oder schubsen können wäre da bestimmt für manchen schön gewesen. Aber die Spannung hatte sich auch auf andere Mannschaften übertragen: Während des Spiels um Platz 5 schrie ein Herthafan seinen unermüdlich vorwärtsstürmenden Vereinskameraden entnervt an: „Mensch, laß das doch! Wir wollten doch Elfmeterschießen!“ Aber nicht nur die Herren durften ran, im Gegensatz zur DM spielten auch die Damen um den Titel. Der blieb allerdings bei den Vorjahressiegerinnen aus Bergheim.
Langfristig soll das Turnier international besetzt werden, aber bisher sind der UEFAC (Union europäischer Fußball-Anhänger- Clubs) nur Fans aus Deutschland, der Schweiz und der Tschechoslowakei beigetreten. Man bemüht sich gerade auch um die Kontakte nach Polen und in die anderen ehemaligen Ostblockländer, aber die Fanarbeit dort scheint zusammengebrochen zu sein. Um die tschechoslowakischen Mannschaften kümmerte man sich besonders, man verringerte ihr Startgeld und versuchte, sie besonders billig unterzubringen, erzählte Union-Fanbeauftragter Theo Körner, der Ausrichter des Turniers. Beim abendlichen Feiern halfen die anderen Mannschaften auch noch solidarisch beim Bierspenden.
Unterstützt wurde die Europameisterschaft lediglich vom Landessportbund Berlin, der DFB („Wir sind die Fans.“) schickte lediglich ein Grußwort, zehn Wimpel und einige Anstecknadeln. Die ansonsten allgegenwärtige Olympia GmbH, die ihre Souvenirs nun wirklich überall verteilt, war ebenfalls nicht weiter in Erscheinung getreten, obwohl doch auch der Fußball olympische Disziplin ist.
Wer Fans immer nur dann wahrnimmt, wenn sie plündernd durch Innenstädte ziehen und sich kein bißchen um diejenigen kümmert, die friedlich miteinander Fußball spielen, feiern und internationale Kontake und Freundschaften knüpfen, der ist an seinem Elend eben selber schuld...
Als ob etwas so gewaltig gemein wäre wie die Dummheit...« (Seneca) »Oh!« (Sissi, die junge Kaiserin) Elke Wittich
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