Frau Motschmann fragt

■ Die Bremer CDU-Fraktion präsentiert Kultur: Vier Cellisten und eine Moderatorin

Schön klingt ein Celloquartett, und die Welt ist in Ordnung. Der Blick schweift durch den Park des Focke-Museums, während vier junge Musiker aus Leipzig Kammermusik von Chopin und Tschaikowsky spielen. Bei einem neckischen Ragtime schunkelten die Schwachhausener Kulturbeflissenen gar ein wenig.

Nach einer Stunde guter, wahrer, klassischer Kunst begann die harte Arbeit an der Kultur, die diese nette Abendveranstaltung war: „Das erste Signal dafür, daß sich die Bremer CDU-Fraktion um Kultur kümmert.“ So Frau Motschmann, die sich, nachdem die Celli eingepackt waren, zur Hauptattraktion des Abends entwickelte.

Die vier Musiker, Jens Eckhoff von der Jungen Union und der Kulturspezialist der CDU-Fraktion, Jörg Kastendiek, wurden auf harte Stühle gesetzt, und Frau Motschmann befragte die „jungen Menschen“ zum Thema „Kultur im Wandel“.

„Jetzt frage ich nochmal unsere Leipziger“ war eines ihrer Bonmots, die mehr Stoff zum Nachdenken lieferten, als die Statements der ihr ausgelieferten Jungs. „Jetzt habe ich schon wieder Drüben gesagt“ war ein weiterer rhetorischer Höhepunkt.

Dies sei doch nun wirklich ein wunderschönes Musikerlebnis gewesen, aber die jungen Leute von heute würden zu Tausenden nach Elton John rennen — „Warum“, fragte Frau Motschmann, und Jens Eckhoff mußte antworten. Ihm fiel nur ein: „Wenn die jungen Leute erst älter und vernünftiger geworden sind, hören sie bestimmt auch klassische Musik“. War natürlich der Lehrerin schamlos nach dem Mund geredet, aber die Schwachhausener nickten zufrieden.

Ein Leipziger wäre beinah durchgefallen, als er auf die Frage, was sich nach der Wende in der Kultur für ihn geändert habe, mit einem ehrlichen „wenig“ antwortete. Aber seine Kollegen relativierten aufs das heftigste und Frau Motschmann konnte beruhigt Jörg Kastendiek fragen, warum er sich denn so für Kultur interessierte.

Danach ging es schön ausgeglichen weiter mit einer Frage nach drüben (“Auf welchem Trip sind denn die jungen Menschen dort?“), und als ein Leipziger sagte, seine westlichen Kollegen seien alle so selbstbewußt, knallte sie gleich das passende Schlagwort hinterher: „überhebliche Wessies“. Klar doch!

Als nach langem Nachbohren endlich ein bißchen kritisiert wurde, hob Frau Motschmann den Zeigefinger: „Ich möchte das nochmal laut wiederholen — die UNEHRLICHKEIT DER POLITIKER wird beklagt.“ Hört, hört.

Zum Schluß wurde nochmal der Primus Jens Eckhoff aufgerufen, und er mußte in drei bis vier Sätzen die einzelnen Kritikpunkte der Leipziger beschwichtigend kommentieren. Soll ja mal ein richtiger Politiker werden. Zuletzt dann Frau Motschmanns Ankündigung, es werde in Zukunft noch öfter solche Versuche der CDU-Fraktion geben, „ein Stück Kultur zum Sprechen zu bringen“. Ob Frau Motschmann damit sich selbst gemeint hat? Wilfried Hippen