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Anti-Doping-Kampf wird völlig zur Farce

■ Nach Butch Reynolds und Randy Barnes erwirkt auch Schwimmerin Astrid Strauß den Olympiastart

New Orleans (dpa/taz) — 400-Meter-Weltrekordler Harry „Butch“ Reynolds ist über Nacht vom Sündenbock zum Nationalhelden geworden: Nach der vorerst gewonnenen Kraftprobe gegen den Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) erreichte der 28jährige Sprinter bei der US-Olympia-Qualifikation am Dienstag abend in New Orleans unter dem tosenden Beifall der 8.000 Zuschauer als Vorlaufschnellster in sehr guten 44,68 Sekunden das 400-Meter-Halbfinale. Im ersten Vorlauf war er sogar 44,59 Sekunden schnell gelaufen.

„Meine Rechtsanwälte haben ihre Arbeit geleistet, jetzt bin ich dran“, sagte Reynolds, von der IAAF wegen Dopings gesperrt, „ich werde hier gewinnen, und ich habe vollstes Vertrauen in meine Rechtsanwälte, daß ich auch in Barcelona dabeisein werde, obwohl die IAAF anderer Meinung ist.“

Seine patriotischen Landsleute sind auch noch stolz auf ihn, hat er doch einer internationalen Institution gezeigt, daß Amerikaner nie aufgeben. Selbst seine Kollegen sind nach dem IAAF-Beschluß, nachdem sie straffrei gegen Reynolds laufen können, auf einmal Reynolds-Fans. Wie ein Held wurde er im Tad-Gormley- Stadion begrüßt. Stehende Ovationen, rhythmisches Klatschen, und der WM-Zweite winkte erleichtert in die Menge. „Drug Free Body“, stand spöttisch auf seinem weißen T-Shirt, drogenfreier Körper.

Der wegen Dopings gesperrte Kugelstoßer Randy Barnes bemüht seinerseits die Gerichte für seine Fahrkarte nach Barcelona — seit dem Freispruch für Katrin Krabbe beim DLV-Rechtsausschuß finden plötzlich alle Formfehler.

Auch die augenscheinlich gedopte Schwimmerin Astrid Strauß, bei den Deutschen Meisterschaften in München schmählich an den Pranger gestellt, darf plötzlich wieder starten und kann auch für die Olympischen Spiele nachnominiert werden. So entschied das Gruppen-Schiedsgericht Nord, das in einer Verhandlung in Berlin das damit die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) ausgesprochene sechsmonatige Sperre aufhob. Astrid Strauß war wegen Dopings gesperrt worden, nachdem als Ergebnis eines Doping- Tests ungewöhnlich hohe Testosteron-Werte festgestellt worden waren.

Das Gruppen-Schiedsgericht Nord kam nun zu dem Schluß, „die Beklagte hat glaubhaft machen können, daß sie keine männlichen Sexualhormone zu sich genommen hat“. Nächster Schritt ist nun die Einberufung der beteiligten Parteien Deutscher Schwimm-Verband, SC Magdeburg und Astrid Strauß zu einer mündlichen Verhandlung am 5. Juli vor dem Schiedsgericht in Berlin. Bei diesem Termin geht es weniger um ein Glaubensbekenntnis als vielmehr um Beweise für Strauß' Behauptung, kein Testosteron zu sich genommen zu haben. Die Schwimmerin läßt zur Zeit in Magdeburg spezielle ärztliche Untersuchungen vornehmen, wozu möglicherweise auch Bluttests gehören, die belegen sollen, daß kein Doping-Mißbrauch vorliegt.

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