KOMMENTAR: Olympischer Wechsel
■ Nawrocki nimmt einen Schleudersitz ein
Der Fuchs hat seine Schuldigkeit getan, der Fuchs kann gehn. »Leichtfertig« ist, nach Eberhard Diepgens Ansicht, mit den Informationen über die IOC-Mitglieder umgegangen worden. So leichtfertig wie er das dahersagt, so freudig wurde es vom Aufsichtsrat der Marketing GmbH aufgenommen und dem Geschäftsführer ein Strick daraus gedreht. Ein Kopf mußte rollen, damit sich die anderen aus der Schlinge ziehen konnten. Das kathartische Schauspiel wurde inszeniert, um, wie es so schön heißt, weiteren Schaden von der Bewerbung abzuwenden.
Doch der ist schon längst eingetreten, denn die Olympia-Gerontokraten werden kaum verzeihen, daß öffentlich wurde, worauf eine jede Bewerbungsstrategie fußt: daß sie korrumpierbar sind. Daß »sexuelle Neigungen« zur Zielpalette der »persönlichen Ansprache« gehören, mag dem die Krone aufsetzen, doch lenkt dieser Umstand eher von der Normalität dieser Bestechlichkeit ab.
Daß Nawrocki von dieser bigotten Inszenierung profitiert, ist weder sein Verdienst noch von ihm gewollt. Mit ihrem neuen Geschäftsführer steht die privatwirtschaftliche Marketing GmbH nunmehr gleichgewichtig neben der öffentlich-rechtlichen Olympia GmbH. An finanzieller Potenz und Aktionsradius wird sie ihr bald überlegen sein. Damit vollzieht sich, was Geschäftsführer Nawrocki immer wollte: Die Unternehmerschaft wird zunehmend das Sagen haben, die öffentliche Hand hat allenfalls für die notwendige Infrastruktur zu sorgen. Das Beispiel Fuchs zeigt, daß Unternehmer auch mit ihresgleichen nicht zimperlich umgehen, wenn es ihren Interessen entspricht. Nawrocki hat sich bislang für olympische Verhältnisse erstaunlich gut gehalten, doch nun sitzt er auf zwei Schleuderstühlen. Dieter Rulff
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen