Eine Schwarze Legion für die "weiße Rasse"

■ Die Solidarität mit den von Serbien mit Krieg überzogenen Völkern Ex-Jugoslawiens scheint das sonst so heterogene Lager der europäischen Rechts-extremen zu einen: Auf seiten Kroatiens kämpften...

Eine Schwarze Legion für die „weiße Rasse“ Die Solidarität mit den von Serbien mit Krieg überzogenen Völkern Ex-Jugoslawiens scheint das sonst so heterogene Lager der europäischen Rechtsextremen zu einen: Auf seiten Kroatiens kämpften und kämpfen Freibeuter aus ganz Europa, ideologisch gestützt u.a von deutschnationalen Postillen.

Grüße von uns allen! Wir kämpfen hier für unsere freiheitliche Welt.“ Ein anonymer neonazistischer Söldner im Kampfgebiet Kroatiens teilt in der jüngsten Ausgabe von The New Order, dem englischsprachigen Organ der weltweit im Untergrund operierenden „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei/ Auslands- und Aufbauorganisation (NSDAP/AO), seinen KameradInnen mit, daß er einer unabhängigen Einheit als Teil einer internationalen Brigade angehört. „Die Kroaten sind sehr deutschfreundlich. Wir haben bereits zwei Tschetnik-Bunker ausgeräuchert.“ Der Brief schließt mit: „Sieg Heil!“

Im Monatsorgan Der Freiwillige, dem „Kameradschaftsblatt“ der „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit der Waffen-SS“ (HIAG), wird der Leserschaft in der zweiten Ausgabe 1992 beispielhaft mitgeteilt, daß eine „Niederländisch-Kroatische Arbeitsgemeinschaft“, die aus ehemaligen Kadern der niederländischen Armee mit Kampferfahrung im Libanon, in Korea und Indonesien besteht, Söldner für die kroatische Armee wirbt. Betont wird, daß „die serbischen Kommunisten konkret mit der Waffe in der Hand“ bekämpft werden müßten.

Zum letzten Gefecht gegen den Todfeind Kommunismus ruft in der BRD allen voran die Hamburger „Nationale Liste“ des ehemaligen Kühnen-Vertrauten Christian Worch auf. In deren Organ Index wird den KameradInnen im Januar dieses Jahres mitgeteilt, daß „die Unterstützung des tapfer kämpfenden kroatischen Volkes eine wichtige Sache“ sei. Thomas Hainke aus Bielefeld, Angehöriger der von Kühnen aufgebauten „Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front“, ließ sich das nicht zweimal sagen und zog los, um im Großraum Osijek für ein „unabhängiges Kroatien“ zu kämpfen.

Hainke ist kein Einzelfall. Das Bundeskriminalamt bestätigte bereits, daß deutsche Rechtsextremisten maßgeblich am Aufbau einer Söldnertruppe und an Waffenlieferungen für Kroatien beteiligt sind. Auf eine kleine Anfrage der PDS gab die Bundesregierung Mitte April bekannt, daß nach Angaben eines Angehörigen der kroatischen Nationalgarde in Kroatien „ca. 30 deutsche Staatsangehörige als Ausbilder tätig“ seien. Im Innenausschuß des Bundestages bestätigte Staatssekretär Hans Neusel am 11. März, daß „deutsche und ausländische Rechtsextremisten Sympathie für den Freiheitskampf gegen Serbien“ bekunden würden. Die Einheit europäischer Freiwilliger, die „Schwarze Legion“, solle demnach „von einem ehemaligen Offizier der NVA geführt“ werden.

Als Beweis für die rechtsextreme Solidarität mit Kroatien zitiert der Staatssekretär einen Aufruf des österreichischen Neonazi-Führers Gottfried Küssel vom Jahresende 1991. Küssel, der Kopf der österreichischen „Volkstreuen Außerparlamentarischen Opposition“ (VAPO), wollte am 14. Januar ein „bewaffnetes, technisches Sanitätskorps“ nach Kroatien schicken. Eine Woche zuvor wurde er jedoch in Wien wegen Verstoßes gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung verhaftet. Anfang April wurde ein Konvoi von 33 Militär-Lkws auf dem Weg nach Kroatien von österreichischen Grenzbeamten abgefangen. Laut Kurier soll auch hier Küssel seine Hände mit im Spiel gehabt haben. Vorher hatte die VAPO für ihren Fronteinsatz trainiert. Ausbilder bei einem Trainingscamp in Langenlois bei Wien war Hans-Jörg Schimanek, ehemaliger Zeitsoldat beim Österreichischen Bundesheer, zuvor Söldner im südamerikanischen Surinam und dann selbst in Kroatien tätig.

Nicht nur Deutsche oder Österreicher kämpfen in Kroatien in der „Schwarzen Legion“ Seite an Seite mit der Miliz „HOS“, die der 1990 gegründeten rechtsextremen „Kroatischen Partei des Rechts“ (HSP) angegliedert ist. HSP-Chef Dobroslav Paraga fordert in einem Interview mit der Welt ein Groß-Kroatien inklusive Bosnien-Herzegowina und einem Teil der Wojwodina. Der bosnische HOS-Chef Davor Pirenovic nimmt kein Blatt vor den Mund. „Wenn die Serben schießen, werden ihre Familien abgeschlachtet, und sie wissen es“, offenbarte er dem Springer-Blatt. Das sei „die einzige Sprache, die sie verstehen“.

„Tummelplatz für internationale Faschisten“

Unmißverständlich ist auch der Aufruf „Croatia needs help“ der New Order vom März/April 1992. Darin verhehlen die Autoren ihre Sympathie mit der HSP nicht. Dort würden sich die „nationalistischen Kräfte in Europa und der ganzen Weißen Welt auf der Basis der nationalen Selbstbestimmung“ treffen. Die NSDAP/AO läßt die Zeit der faschistischen Ustascha hochleben, die 1941 unter dem Protektorat von Hitler und Mussolini den „Unabhängigen Staat Kroatien“ ausgerufen hatte. Der HOS gebühre jetzt ihre Unterstützung: „Es ist an der Zeit, den Freiheitskampf des kroatischen Volkes durch Solidaritätsmaßnahmen zu unterstützen.“

Schon im Herbst letzten Jahres heuerte Michel Faci „Leloup“, (36), ehemaliger Weggefährte des „Front National“-Chefs Jean-Marie Le Pen und Ex-Vorsitzender der in Frankreich verbotenen FANE, bei der HOS an. Leloup, der bereits im Irak als Söldner kämpfte, prahlt damit, daß seine Einheit 200 Kämpfer, darunter Österreicher und Deutsche, umfasse. Nach Informationen des Stern soll die HOS Anfang Januar 1992 im Wiener „Kursalon Hübner“, einem Treffpunkt der rechtsextremen Szene, für ein „starkes und ethnisch reines Kroatien“ geworben haben. Am Ende der Veranstaltung sollen sich Freiwillige zum Fronteinsatz gemeldet haben. Auch britische Söldner finden sich in der „Schwarzen Legion“. Steven Gaunt aus Leeds z.B., Mitglied der britischen „National Front“, kehrte nach Informationen des englischen antifaschistischen Magazins Searchlight erst letzte Woche aus dem Kampfgebiet nach England zurück. Die BBC berichtete über einen kunterbunten Haufen britischer Söldner, die für einen Sold von 100 Pfund im Monat in einer internationalen Brigade in Kroatien kämpfen. Searchlight resümiert in seiner jüngsten Ausgabe, daß Kroatien zum „Tummelplatz und Brennpunkt für internationale Faschisten“ geworden ist, und fordert vom Europaparlament eine „internationale Untersuchung über diese Freibeuter“.

Die Unterstützung der extremen Rechten in Kroatien beschränkt sich jedoch nicht nur auf subversive Neonazi-Zirkel. Auf Einladung der kroatischen Regierung besuchten im Januar dieses Jahres die drei belgischen „Vlaams Blok“-Abgeordneten Filip De Winter, Wim Verreycken und Francis Van den Eynde die HOS- Truppen im Bürgerkriegsgebiet. Anfang Mai 1991 nutzten schon Le Pen sowie die beiden EG-Parlamentarier und Ex-„Republikaner“ Harald Neubauer und Hans-Günter Schodruch einen Aufenthalt in Wien zu einem Abstecher nach Kroatien. Dort wurden sie im Gästehaus der kroatischen Regierung u.a. von Tudjman-Berater Bozidar Petrac empfangen. Neubauer, einstiger Schönhuber-Zögling und jetziger Chef der „Deutschen Liga“, betonte, daß sich bei den Gesprächen „eine grundsätzliche Gemeinsamkeit des Denkens“ herausgestellt habe.

Daß das rechtsextreme und neonazistische Engagement in Kroatien auch entsprechend publizistisch gewürdigt wird, darum hat sich der Münchner Neonazi Bela Ewald Althans gekümmert. Der 26jährige Yuppie, der in München eine PR- Agentur und einen Laden für die Verbreitung neonazistischen Propagandamaterials betreibt und als Veranstalter mehrerer revisionistischer Veranstaltungen aufgetreten ist, hatte Ende Mai der Weltpresse „spektakuläre Fotos zum Verkauf“ angeboten. Über 100 bislang unveröffentlichte Aufnahmen, die „den Kampf neonazistischer Freiwilliger in Jugoslawien auf seiten der kroatischen Streitkräfte genauso dokumentieren wie Neonaziverwicklungen im Irak“, wollte er für 5.000 Dollar verkaufen. Als Rufnummer gab Althans den Anschluß des im kanadischen Toronto lebenden Ernst Zündel (53) an, der als Drahtzieher der Revisionismus-Kampagne gilt.

In Toronto residiert auch der „Kroatische Nationalrat“ (HNV), der im Februar 1974 von Exilkroaten gegründet worden ist. Ziel des HNV ist die Loslösung Kroatiens aus dem „unnatürlichen großserbischen“ Jugoslawien. Etwa 15 Ortsgruppen arbeiten derzeit in der Bundesrepublik. Das Landesamt für Verfassungsschutz in Baden-Württemberg bezeichnet den HNV in seinem 1991er Jahresbericht als „extrem-nationalistischen Dachverband der kroatischen Emigrantenorganisationen“. Relativ offen wird in Kanada und in Südamerika Geld für „Waffen für Kroatien“ gesammelt. Bernd Siegler/Anton Mägerle