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Log das Sprachrohr der Pelzwirtschaft?

■ Merkwürdiger Prozeßn um falsche Aussage/Selbsternannter "Artenschützer" tritt als Lobbyist eines Pelzhändlers auf

/ Selbsternannter »Artenschützer« tritt als Lobbyist eines Pelzhändlers auf

Wenn man Walter Langenberg Glauben schenken kann, dann gibt es in Deutschland nur einen richtigen Tier- und Artenschützer, nämlich ihn selbst. „Ich war auch Artenschützer.“ Gestern stand der grauhaarige Pensionär nun vor dem Amtsgericht. Grund: Verdacht der uneidlichen Falschaussage und falscher Eidesstattlicher Versicherung zugunsten des Hamburger Pelzhändlers Paul Fehns und zum Nachteil des Vorsitzenden der „Arbeitsgemeinschaft Artenschutz“ (AGA) Günter Peter.

Langenberg ist nicht irgendwer: Ex-Präsident und Sprecher des „Verbandes der Rauchwaren und Pelzwirtschaft“, Besitzer des Bundesverdienstkreuzes, jetzt Ehrenamtliches Treuhand-Aufsichtsratsmitglied eines Ex-DDR-Lederkombinats, und, und, und...

Der Konflikt beruht auf Vorfällen im Jahre 1988: Damals hatte die AGA Alarm geschlagen, weil illegal Pelze von Tieren in die Bundesrepublik importiert wurden, die vom 1985 verabschiedeten Washingtoner Artenschutzabkommen geschützt waren. Unter anderem waren 7003 Wildkatzenfelle aus Paraguay per Luftfracht nach Frankfurt gelangt. Für Langenberg heute noch unvorstellbar: „Ich hatte 1986 selbst dafür gesorgt, daß das Loch Südamerika dichtgemacht wird.“ Weil die AGA damals mehrfach Fehns mit den illegalen Transporten in Verbindung brachte (ihm wurden 1987 10000 Pecari-Häute im Hamburger Freihafen beschlagnahmt), erwirkte Fehns eine Einstweilige Verfügung gegen die AGA. Peter durfte nicht mehr behaupten, Fehns stecke hinter illegalem Pelzhandel.

Im Dezember 1988 verschärfte sich der Konflikt erneut. In einer SAT1-Diskussion erklärte Peter, daß er Beweise habe, daß ein „Hamburger Pelzhändler“ illegal über den Freihafen fast 100000 Felle nach Spanien transporiert habe. Langenberg gestern überheblich: „Das geht gar nicht ohne die zulässigen Papiere, ich habe selbst sechs Jahre lang die Zollbeamten ausgebildet.“ Es ging aber doch. Der spanische Zoll stellte 65000 gefleckte Felle (Leoparden, Jaguare) aus Südamerika via Hamburg sicher, dazu Lumpen und Putzlappen der Hamburger Firma Paul Fehns.

Als wenige Tage nach der SAT1- Sendung zudem noch ein Journalist Langenberg im Rahmen eines weiteren Interviews damit konfrontierte, daß die AGA gegen die Firma Fehns einen Strafantrag gestellt habe, war für den Pelzlobbyisten der Ofen aus: Peter mußte gegen die Einstweilige Verfügung verstoßen haben.

In einem von Fehns daraufhin gegen die AGA angestrengten Zivilrechtsstreit untermauerte Langenberg seinen Verdacht. „Für mich war klar: dahinter steckt bestimmt wieder Schildkröten-Peter — denn AGA gleich Peter.“ Das Hamburger Landgericht glaube ihm und rügte die AGA.

Doch so einfach ist der Fall nicht. Sowohl Peter als auch der Publizist bestreiten, in Gesprächen mit Langenberg jemals Personennamen genannt zu haben.

Dennoch wollte Staatsanwalt Gerhard Brinker gestern Nachsicht zeigen und das Verfahren gegen Langenberg gegen eine Spende von 1000 Mark einstellen. Brinker gegenüber der Presse: „Viel wichtiger wäre gewesen, das Strafverfahren gegen Fehns wäre eingeleitet worden; das hier ist doch nur ein Ne-

benkriegsschauplatz.“

Aber Langenberg wollte in dieses Angebot nicht einwilligen, wohl auch im Interesse von Fehns. Denn das Verfahren Fehns/AGA schlummert immer noch beim Bundesgerichtshof. Und wenn amtlich feststeht, daß die Gerichtsentscheidung gegen die AGA auf eine Falschaussage gestützt ist, könnte der Rechtsstreit, der bereits jetzt schon laut Peter 40000 Mark Prozeßkosten verschlungen hat, wieder aufgerollt werden. Selbst Amtsrichterin Gudrun Stöhr konnte Langenberg nicht zur Vernunft bringen, obwohl nach ihrer Auffassung schon jetzt feststeht: „Peter ist nicht gleich AGA“, es liege also eine Falschaussage vor und auf die steht drei Monate Knast. Der Prozeß wird Montag fortgesetzt. Kai von Appen

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