: Soundcheck: Eckmühl-Noiseux / Tuttles Fuck Jazz / Reality Brothers / Space Cowboys
SOUNDCHECK
Heute abend: Eckmühl-Noiseux. Der merkwürdige Name der Westwerk-Band geht zurück auf Paul Bowles (das ist der Schrifsteller, der nach dem Tod seiner Frau in Tanger hängengeblieben ist, wo er sich von morgens bis abends den Kopf zuhascht). Dieser ist angeblich nur aufgrund der Entdeckung dieses Namens in einem Reiseführer in den 20er Jahren nach Afrika aufgebrochen - eine verhängnisvolle Entscheidung, die sein Leben ruinierte und ein paar schöne Bücher auf die Menschheit brachte. Das Quartett um Carsten Dane und Gunnar Schmid, das sich selbst als „synkryptisches Musikprojekt“ bezeichnet, klingt auf der Democassette wie ein rückwärtslaufendes Band zu japanischem Jazz, präpariertem Klavier, ethnologischen Erinnerungen und düsteren Vocals. Über diesem bizarren Gemisch an Klängen schwebt der harmonische Geist eines Robert Wyatt und verleiht dem Experiment Raum und Empfinden. Die beiden Musiker, von denen Carsten Dane auch für die Veranstaltungen des Westwerkes mitverantwortlich ist, arbeiten zwar aus dem Genre des Jazz heraus, entwickeln aber ein sehr intelligentes Crossover aus musikalischer Bildung und frecher Laune. Ein faszinierender Versuch auf der Grenze zwischen Neuer Musik und Pop-Temperament, dessen Umsetzung in Live-Musik man mit Spannung erwarten darf. tlb
Westwerk, 21 Uhr
Heute abend: Tuttles Fuck Jazz. Die Hamburger Band verdient den Titel Newcomer eigentlich nur mit Einschränkung. Die Musiker arbeiten alle seit vielen Jahren in Bands, die professionelle Ansprüche stellten, ohne professionell vermarktet zu sein. Avantgarde-Jazz, Salsa, Reggae, Rock, Pop und Swing zählen zum stillen Repertoire der Musiker. Dementsprechend versuchen die vier Fuck-Jazzer, deren Musik mit Jazz nichts zu tun haben soll, nun, unter Verarbeitung diverser Einflüsse vom HipHop über Jazz bis zum Rock, Hamburger Tanzmusik neu zu definieren, um so endlich die verdienten Lorbeeren zu ergattern. Die Band, die viel spielt und in klassischer Quartett-Besetzung auftritt, vermischt mit gleicher Unbekümmertheit Stile und Sprachen. Eine Hoffnung für die Wilden? Heute abend gilt es. tlb
Fabrik, 21 Uhr
Heute abend: Reality Brothers/ Space Cowboys. Beide Bands gastierten erst kürzlich in Hamburg. Die Reality Brothers bei der Sylvesterfete in der Markthalle, die Space Cowboys in der ersten Jahreshälfte. Nun kehren die beiden Berliner Dance-Bands gemeinsam zurück nach Hamburg. Gemeinsam ist ihnen auch der selbstbewußte Umgang mit Stilzitaten und ein hoher Standard in Sachen Groove und technische Umsetzung. Die letzte LP der Space Cowboys blieb zwar durchwachsen von „deutschen“ Fehlern, überraschte aber im Ganzen durch professionelle Arbeit mit Techno und HipHop. Die Reality Brothers sind eine multinationale Band, die ihren Rap mit Jazz, Soul und Reggae mischt und in großer Besetzung mit DJs, Musikern und diversen Sängern eine heillos schöne Party verspricht. tlb
Große Freiheit, 22 Uhr
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