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Stasi-Spitzel an der FU entlassen

■ Am »Zentralinstitut für Sozialwissenschaftliche Forschung« arbeitete über zehn Jahre lang ein wissenschaftlicher Mitarbeiter für die Stasi/ Am Mittwoch suspendierte ihn der FU-Präsident vom Dienst

Berlin. Zum ersten Mal ist an der Freien Universität (FU)-Berlin ein »Inoffizieller Mitarbeiter« (IM) der Stasi enttarnt worden. Wie die taz gestern erfuhr, handelt es sich dabei um den langjährigen akademischen Mitarbeiter des »Zentralinstituts für Sozialwissenschaftliche Forschung«, Walter V. Unter dem Decknamen »Walter Rosenow« hatte V. seit mehreren Jahren für die ehmemalige Staatssicherheit der DDR gearbeitet. Sein Arbeitsschwerpunkt war die DDR-Forschung, unter anderem schrieb er für das »DDR-Handbuch« der Bundesregierung. Während seiner Tätigkeit hatte er neben Mitarbeitern des Instituts auch Bürgerrechtler wie Wolfgang Templin ausgehorcht. Templin hatte im März 1988 das Institut besucht und dort unter anderen mit dem DDR-Forscher Hartmut Zimmermann Gespräche geführt, die in den Akten des V. aufgetaucht waren. Nach einem Personalgespräch mit der FU wurde V. am Mittwoch dieser Woche entlassen. FU-Sprecher Christian Walther erklärte gestern, es handele sich um einen »gravierenden Fall jahrelanger und umfassender IM-Tätigkeit«. In den nächsten Monaten sei mit weiteren Enttarnungen von IMs an der Freien Universität zu rechnen.

Hinweise auf eine IM-Tätigkeit von V. hatten sich aus der Einsicht in die Stasi-Unterlagen des DDR-Bürgerrechtlers Wolfgang Templin ergeben. Daraufhin hatte FU-Präsident Johann W. Gerlach im März und April dieses Jahres die Gauck-Behörde ersucht, die Verdachtsmomente gegenüber V. zu überprüfen zu. Mittlerweile ist bekannt, daß in der Gauck-Behörde Berichte von V. im Umfang von über zehn Aktenordnern vorhanden sind. In der taz vom 13. August dieses Jahres hatte der Wissenschaftler Hubertus Knabe einen Auszug aus einem der Spitzelberichte des IM »Rosenow« publiziert.

FU-Sprecher Walther erinnerte daran, daß die FU seit ihrer Gründung als Gegenstück zur Humboldt- Universität ständig im Visier der Stasi gewesen sei. In diesem Jahr sei die FU in Planspielen für den Fall einer Besetzung West-Berlins als »strategisch wichtiges Objekt« aufgetaucht. Severin Weiland

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