: Verlegenheit am Drogenstrich
■ Senat entscheidet im konzeptionelllen Chaos / Irritationen um Drogenbus
Wenn heute der Senat über die Verlegung des Drogenstrichs entscheidet, hat er eine Vorlage auf dem Tisch, die mit so heißer Nadel gestrickt ist, daß sie nur mit viel Glück zur Koalitionsrunde gestern abend fertig geworden ist. Der überraschende Schwenk der SPD und die schrille Begleitmusik der Bremer Hilfe haben in der Drogenpolitik große Verwirrung gestiftet. Innensenator van Nispen, der die Federführung bei der Vorlage hat, wollte den Entscheidungstermin um eine Woch verschieben. Doch Klaus Wedemeier bestand auf sofortiger Behandlung.
Dabei sind einige Irritationen noch gar nicht ausgeräumt: Zum Beispiel das Schickal des Betreuungsbuses in der Friesentraße ist nach der Erklärung des Voritzenden der Bremer Hilfe, Volker Tegeler, ungeklärt. Mit Befremden hat die Sozialbehörde den Beschluß des Vorstandes der Bremer Hilfe zur Kenntnis genommen, die Sozialarbeit für drogenabhängige Prostituierte im sog. „Drogenbus“ einzustellen. „Wir sind mit der Bremer Hilfe weiter in Verhandlungen über ein Hilfsangebot für drogenabhängige Prostituierte über den 1. November hinaus“, erklärte die Sprecherin der Sozialsenatorin, Andrea Frenzel-Heiduk.
Die Sozialsenatorin stattet den Verein Bremer Hilfe sowohl personell als auch mit Sachmitteln
„zweckgebunden“ aus. Die Bremer Hilfe habe zusammen mit dem Arbeitskreis für akzeptierende Drogenarbeit ein Konzept für die Betreuung der Frauen bei der Behörde eingereicht. „Alles andere ist bislang nicht offiziell an uns herangetragen worden“, betont die Behördensprecherin.
Nicht allein in der Behörde, auch in der Szene der Hilfsprojekte sind die Äußerungen auf Unverständnis gestoßen. Tegeler hatte in seiner Erklärung die Drogenpolitik scharf verurteilt und dabei den Paritätischen Wohlfahrtverband angegangen. Mit deren akzeptierender Drogenpolitik sei „fortschrittliches sozialarbeiterisches Denken auf den Hund gekommen“. Anke Teebken, beim Paritätischen für die Drogenarbeit zutändig, mochte sich nur ungern über den Inhalt der Kritik äußern: „Aber die Form ist daneben. Es gibt genug Möglichkeiten unter Wohlfahrtverbänden, sich auszutauschen.“ Unterdesen schießen die Spekulationen darüber ins Kraut, was Tegeler zu dem Vorstoß hat veranlaßt haben mag. Daß der Bus abgezogen würde, um ihn vor wütenden Anwohnern zu schützen, das sei eine Sache, aber Tegelers Plädoyer für die umstrittene SPD-Drogenpolitik, das konnte niemand aus der Drogenberatungsszene nachvollziehen. mad/J.G.
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