: Lehrbetrug am UKE?
Professoren sollen zu wenig lehren / ■ Direktor aus Büro ausgesperrt
å Etwas hilflos stand die Leitung der Uniklinik Eppendorf vor dem gestrigen Tag. Man wollte zur Pressekonferenz laden, doch am frühen Morgen hatten rund 60 Studenten das Gebäude der Direktion besetzt. Pressestelle, Planungsstab und Ärztlicher Leiter, sie alle mußten ohne Fax und Telefon auskommen.
Nach Ansicht der Studenten hatten sie das verdient. Folgt man den Nachforschungen einer studentischen Arbeitsgruppe, betrügt das UKE die Stadt und die Studenten um die Lehre. Mammutveranstaltungen und überfüllte Kurse sind demnach nicht
auf zuviel Studenten, sondern schlicht auf das Desinteresse der Professoren zurückzuführen.
Die Studenten haben die offizielle Kapazitätsberechnung des Uni-Planungsstabes mit dem Vorlesungsverzeichnis und den Daten der zentralen Kursverteilung abgeglichen. Ergebnis: Sieben der insgesamt elf Fachbereiche erfüllen nicht einmal die Hälfte der Lehrverpflichtung, für die die Stadt Hamburg bezahlt. Der Fachbereich Dermatologie, wo Vorlesungen mit 220 Zuhörern üblich sind, erteilt demnach gerade mal 6,1 Prozent der veranschlagten Semesterwochenstunden. „Wir fühlen uns einfach verarscht“, bilanziert Dorle Rauschenbach von der AG. Während Studenten von Assistenten unterrichtet werden, würden die Professoren soviel Zeit wie möglich in die Forschung stecken, weil das mehr Reputation bringe.
Doch nach Ansicht von Professor Franz-Josef Schulte sind die Berechnungen des Fachschaftsrats „grober Unfug“. Die Zahlen für sich genommen würden stimmen, erklärte der fürs Klinische Studium zuständige Prof bei dem eilig in ein Nebengebäude verlegten Pressegespräch. Allerdings sei dort die Lehrkapazität der wissenschaftlichen Mitarbeiter mit einberechnet, rund 300 Nachwuchsärzte, denen man keinesfalls die Lehre anvertrauen dürfe.
Die Verwirrung ist perfekt. Auch in der Wissenschaftsbehörde steigt kaum einer mehr durch. Eigentlich, so Hajen-Referentin Dagmar Jensen, werden wissenschaftliche Mitarbeiter nicht in die Lehrkapazität einberechnet. Auch die Studenten beharren auf ihrer Darstellung: Sie hätten bei ihrer Aufrechnung nur die Stellen addiert, die das UKE der Uni-Planungsstelle bei der Berechnung der jährlichen Aufnahmekapazität angibt. Und wo Lehre draufsteht, müsse ja schließlich auch Lehre drin sein. Auf eine Gegendarstellung der UKE-Pressestelle mußten wir vergebens warten. Sie hat ja kein Fax. Kaija Kutter
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