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Orientierungshilfe im Dschungel

■ Das Angebot an Lehrgängen, Kursen und Seminaren zur beruflichen Fortbildung ist für Laien völlig undurchschaubar. Weiterbildung aber wird heute immer wichtiger - für jeden. Unter dem Dach der...

ist für Laien

völlig undurchschaubar. Weiterbildung aber wird heute immer wichtiger — für jeden. Unter dem

Dach der Schulbehörde helfen sechs Beratungsstellen der Stiftung Berufliche Bildung dabei, sich

zurechtzufinden. Mit Udo Herbst von der Beratungsstelle in Wilhelmsburg sprach Kaija Kutter

taz: Warum hat Wilhelmsburg eine eigene Beratungsstelle für Weiterbildung?

Udo Herbst: Hier in Wilhelmsburg war die hohe Arbeitslosigkeit ausschlaggebend. Und wir wollen insbesondere sozial und bildungsmäßig Benachteiligte ansprechen, die Wege möglichst kurz halten. Hier vor der Tür ist gleich ein Supermarkt, wir haben oben ein großes Schild, es gibt viele Leute, die einfach so zur Tür reinkommen, für die sowas wie Terminabsprachen eher ein Hindernis wäre.

taz: Warum ist Weiterbildung eigentlich so wichtig, daß man dafür eigene Beratungsstellen braucht?

Herbst: Einmal ist die gesamte berufliche Weiterbildung in den letzten Jahren zunehmend wichtiger geworden — Stichwort lebenslanges Lernen —, zum anderen ist die-

1ser Bereich der Weiterbildung sehr undurchsichtig, undurchschaubar. In Hamburg gibt es schätzungsweise 27000 Weiterbildungsangebote und über 400 Träger, die so etwas anbieten. Man kann da schon von einem Dschungel sprechen, in dem sich die Menschen ohne Hilfestellung nicht zurechtfinden.

taz: Warum soll man lebenslang lernen?

Herbst: Wir haben einfach im Moment eine technologische Entwicklung, die dazu führt, daß bestimmte Berufe sich laufend anpassen müssen. Und wir haben einen sogenannten Verdrängungswettbewerb auf dem Arbeitsmarkt. Minderqualifizierte Leute fliegen schneller raus, weil sich die Arbeitgeber auf dem Markt besser qualifizierte Leute holen. Das heißt, die rausfliegen, müssen dann wieder

1qualifiziert werden, um dann wieder unterzukommen. Dabei besteht für ganz viele Leute der Druck, auch mithalten zu können und zu müssen.

taz: Gilt das für einige Berufe mehr oder weniger?

Herbst: Ich denke, es sind fast alle. Wenn wir zum Beispiel an EDV denken, das greift ja um sich, in der Arzt-Praxis sehen Sie EDV, die Sekretärinnen arbeiten mit EDV, die technischen Zeichner, das heißt, überall hält EDV Einzug, und dafür muß man natürlich entsprechend ausgebildet sein. Es gibt keinen Bereich, wo ich sagen würde, da ist Weiterbildung nicht gefragt. Und für die, die schon länger im Berufsleben sind, wächst natürlich eine Generation von relativ gut ausgebildeten Leuten nach. Die kommen auch in Bedrängnis, mit Mitte 40 nochmal eine Weiterbildung zu machen, weil die Konkurrenz von unten doch relativ stark wird.

taz: Was sind es denn für Berufe in Wilhelmsburg, die nachgeschult werden müssen?

Herbst: Hier in Wilhelmsburg haben wir sehr viele ungelernte und angelernte Arbeiter und einen hohen Anteil an Ausländern. Die wenigsten haben hier einen qualifizierten Berufsabschluß. Die Zahl der Arbeitsplätze für Ungelernte hat rapide abgenommen und wird noch weiter abnehmen. Wenn diese Menschen sich nicht weiterqualifizieren, sprich einen Berufsabschluß

1nachholen, bleiben die auf der Strecke.

taz: Kann sich auch jemand an Sie wenden, der beispielsweise studieren will?

Herbst: Wir sind eine Beratungsstelle, die alles abdeckt. Das heißt, wir haben die allgemeine Weiterbildung, die politische Weiterbildung, die schulische Weiterbildung und die berufliche. Dazu haben wir Bafög, das Arbeitsförderungsgesetz und noch ein paar andere Instrumente. Das heißt: Was bei anderen Beratungsstellen aufgesplittet ist, ist bei uns alles durchweg in einer Hand.

taz: Wo sind Ihre Grenzen?

Herbst: Wir sagen den Ratsuchenden, welche Wege es gibt. Aber ob sie diese Wege gehen, das können

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