■ Mit Detroiter Pleiten auf du und du: GM auf Crashkurs
New York (taz) – Pünktlich zur Präsidentschaftswahl wartete Amerikas größtes Industrieunternehmen mit einer Sensation auf: Mitten in seiner schwersten Ertragskrise hat der US-Automobilkonzern General Motors nahezu das gesamte Management ausgewechselt. Nur wenige Tage nach dem spektakulären Rücktritt des GM-Chefs Robert Stempel zog der Aufsichtsrat die Notbremse, um den Schleuderkurs des Autogiganten nicht mit einer Karambolage enden zu lassen.
Bereits in der letzten Woche kursierten Gerüchte, wonach der Automulti kurz vor einem Vergleichsverfahren stehe. Angesichts der zum Jahresende drohenden Milliardenverluste soll nun ein noch härterer Sanierungskurs eingeschlagen werden. Zugleich wurde eine Halbierung der Dividenden beschlossen. Zum neuen Verwaltungsratsvorsitzenden wurde der ehemalige Chef des Chemieunternehmens Procter and Gamble, John Smale, ernannt. Ob der 65jährige Branchenaußenseiter, der den Auto-Fachmann Stempel ablöst, das Steuer noch herumreißen kann, wird unter Experten jedoch bezweifelt. Dick Vannatta von den United Auto Workers qualifizierte Smale gleich als Erbsenzähler ab, der nicht einmal wisse, wie man ein Auto zusammenbaue. Zu der neuen Führungsmannschaft gehört auch der frühere Opel-Chef und jetzige GM-Europe-Leiter, der 43jährige Louis Hughes.
Die neue Vorstandscrew machte sich denn auch gleich daran, das ramponierte Image des Autoherstellers aufzupolieren. General Motors verfüge über eine hohe Liquidität und riesige Vermögenswerte – ein gerichtlicher Schutz vor Gläubigeransprüchen sei daher kein Thema.
General Motors muß sich vor allem auf dem nordamerikanischen Markt mit der ungeliebten Konkurrenz aus Fernost herumschlagen. Das immer schlechter laufende Inlandsgeschäft wird dem Detroiter Autobauer in diesem Jahr einen Verlust von vier Milliarden Dollar bescheren. Im letzten Geschäftsjahr hatten die Verluste bereits zwölf Milliarden Dollar betragen. Stempel kündigte danach rigide Sparmaßnahmen an, die nach einem „Putsch“ des Aufsichtsrats im April noch verschärft wurden. Nach den derzeitigen Plänen sollen bis 1995 etwa 21 Werke geschlossen und 74.000 der 390.000 Stellen in Nordamerika abgebaut werden. Erwin Single
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