: Kein Lottoglück für Ostberliner
■ Bei Verteilung der Lottogelder ziehen Ostberliner Projekte den kürzeren/ Opposition kritisiert westlastigen Beirat
Berlin. Wer seinen Tippschein abgibt, kann gewiß sein, daß ihm, egal ob West- oder Ostberliner, das Glück gleich wenig hold ist. Anders geht es zu, wenn vierteljährlich die Lottogelder vergeben werden. Über die Verteilung dieses von der Stiftung Deutsche Klassenlotterie Berlin erwirtschafteten „Gewinns“ entscheidet nicht das Ziehungsgerät, sondern ein Beirat, bestehend aus drei Senatsmitgliedern und drei Abgeordneten. Alle sechs kommen aus dem Westen der Stadt.
Die Bilanz ihrer bisherigen Arbeit läßt eine deutliche Schieflage erkennen. Seit Beginn ihrer Tätigkeit haben sie in Gesamtberlin 164.335.947,60 Mark vergeben, fast die gesamte Summe kam Projekten und Institutionen im Westteil Berlins zugute, lediglich 4.049.200 Mark flossen in die Ostberliner Bezirke. Unter letzteren war der dickste Brocken mit 1,5 Millionen Mark der Tierpark in Friedrichsfelde. Er kassierte für seine Einfriedung immerhin 215.000 Mark weniger, als zum Beispiel die Konrad-Adenauer- Stiftung als Zuschuß für „bildungspolitische Tagungen und bilaterale Veranstaltungen in und für Berlin im Jahre 1992“ erhielt.
19 Projekte aus dem Osten wurden seit Beginn der Legislaturperiode gefördert, hingegen waren es 216 aus dem Westen. Allerdings benutzen einige die Gelder auch für Aktivitäten im Ostteil der Stadt. Nichtsdestotrotz regt sich Unmut über die Unausgewogenheit. Der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/Grünen, Arnold Krause, spricht von einer erheblichen Begünstigung der Westler. Für den Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP, Jürgen Biederbick, ist es erschütternd, daß sich bei der Vergabe dieser Mittel die Einheit der Stadt offensichtlich noch nicht niedergeschlagen habe. Und auch sein Kollege von der SPD, Helmut Fechner, findet die Zuteilungen problematisch.
Horst-Achim Kern, für die SPD-Fraktion im Stiftungsrat, tritt dem Eindruck, potentielle Antragsteller aus dem Osten nicht genügend zu unterstützen, energisch entgegen. Man sei bei der Vergabe bis an die Grenze gegangen, um ihnen eine Förderung zu ermöglichen. Allerdings sei die Crux, daß die meisten Institutionen ganz jung seien und von daher nicht immer unbedingt die Gewähr für eine ordentliche Durchführung und Abrechnung der Projekte bieten könnten. Auch Justizsenatorin Jutta Limbach verwahrt sich als Beiratsmitglied gegen den Vorwurf, auf dem östlichen Auge blind zu sein. Das Vergabegremium habe sich gerade um Ostprojekte sehr feinnervig gekümmert. Allerdings plädiert sie dafür, beim nächsten Mal auch einen Ostler in den Beirat aufzunehmen. Das aber wäre erst in der nächsten Legislaturperiode, und solange will die Opposition nicht warten. Krause fordert bereits jetzt den Rücktritt des CDU-Bundestagsabgeordneten Dankwart Buwitt aus dem Gremium. Dieser habe aus der fernen Bonner Sicht kaum Einblick in die hiesige Projekteszene. Biederbick unterstützt diese Forderung. Bündnis 90/Grüne wollen am kommenden Donnerstag einen entsprechenden Antrag in die Sitzung des Abgeordnetenhauses einbringen. Dieter Rulff
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