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Tarifeinigung trifft auf Zustimmung

■ Stuttgarter Kompromiß im öffentlichen Dienst gilt als der wirtschaftlichen Lage angemessen/ Übertragung auf Beamtenbesoldung gefordert

Stuttgart (AP/AFP/dpa/taz) – Die schnelle Einigung der Tarifparteien im diesjährigen Poker um Lohnprozente für die Staatsbediensteten in Westdeutschland hat ein überwiegend positives Echo gefunden. Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten am späten Donnerstag abend in Stuttgart bereits in der dritten Gesprächsrunde einen Kompromiß ausgehandelt, der den 2,3 Millionen Beschäftigten rückwirkend ab 1. Januar Lohn- und Gehaltssteigerungen um drei Prozent bringt.

Außerdem sieht die für eine Dauer von zwölf Monaten geschlossene Vereinbarung eine Erhöhung des Kindergeldzuschlags für untere Einkommensgruppen vor. Die ursprünglich von der ÖTV verlangte „soziale Komponente“ in Höhe von 150 Mark für Schlechterverdienende entfiel dagegen völlig.

Die Tarifpartner sprachen übereinstimmend von einem für beide Seiten tragbaren Ergebnis, das der gesamtwirtschaftlichen Lage angemessen sei. Viele Mitglieder der ÖTV zeigten sich in ersten Reaktionen erleichtert. Weitgehende Zustimmung fand der Abschluß auch bei den Bonner Koalitionsparteien und bei der Bundesbank. Kanzler Kohl wertete den Abschluß als „akzeptables Ergebnis“. Der für Wirtschaftsfragen zuständige Ausschuß des Bundeskabinetts war gestern der Meinung, daß der Tarifabschluß „in der augenblicklichen Lage richtig“ sei und der Situation entspreche. Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger, der an der Sitzung teilnahm, sprach Vogel zufolge von „einer tarifpolitischen Veränderung zum Besseren“. Über die Beamtenbesoldung werde das Kabinett demnächst entscheiden, sagte Vogel. Ein Vorschlag liege dazu noch nicht vor.

Der Stuttgarter Kompromiß wurde auch für die rund 500.000 Beschäftigten bei Bundesbahn, Post, Polizei und im Erziehungsdienst übernommen. Die 1,2 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst Ostdeutschlands profitieren ebenfalls vom Abschluß ihrer westlichen Kollegen. In den neuen Ländern werden seit Dezember 74 Prozent der Westeinkommen bezahlt, ab Juli werden es 80 Prozent des westlichen Niveaus sein.

Kurz nach der Tarifeinigung hat der Streit um die Beamtenbesoldung begonnen: Die Beamten verlangten am Freitag denselben Gehaltszuwachs für sich: „Auf keinen Fall unter drei Prozent“, sagte der Chef des Deutschen Beamtenbundes, Werner Hagedorn. Ursprünglich hatte die Organisation fünf Prozent angepeilt. Jetzt liegen erste Forderungen nach einem „Tarifopfer“ der Beamten – nur zwei statt drei Prozent mehr – auf dem Tisch. Betroffen sind 1,85 Millionen Beamte und eine Million Versorgungsempfänger.

Auf seiten der Beamten befand sich der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Burkhard Hirsch: Er plädierte für die „notwendige und bewährte Gleichbehandlung der verschiedenen Statusgruppen im öffentlichen Dienst“. CDU-Wirtschaftssprecher Friedhelm Ost verlangte jedoch einen Besoldungsentwurf, der den Beamten zwei – und nicht drei – Prozent mehr Gehalt verschafft. Bundeskanzler Helmut Kohl kündigte dagegen an, daß die diesjährige Gehaltserhöhung für die westdeutschen Beamten deutlich unterhalb der Drei-Prozent- Linie liegen würde.

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