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Giftcocktail für Metallarbeiter

■ IG Metall warnt vor Kühlschmiermitteln / Gefahrstoff? / 10.000 Bremer betroffen

Vor Jahren noch hat sich Manfred Wegner nach der Arbeit mit Kühlschmiermitteln die Hände gereinigt. Heute ist er Mitglied der Arbeitsgruppe Gesundheit und Umwelt der IG Metall Bremen und schlägt Alarm. Kühlschmiermittel verursachen Hautallergien, Atembeschwerden und Hautkrebs. „Da bahnt sich ein Gesundheitsproblem in der Dimension an, wie wir es heute mit Asbest haben“, warnte Wegner gestern auf einer Pressekonferenz der IG Metall. Etwa 10.000 Menschen kommen derzeit in Bremen mit Kühlschmiermitteln in Berührung.

Kühlschmiermittel tauchen in der Metallverarbeitung überall da auf, wo gebohrt, gefräst, gestanzt wird und geraten dabei immer wieder unkontrolliert an die Luft. Beim Bohren von Metall beispielsweise entsteht soviel Wärme, daß die Schmiermittel verdampfen, beim Ausblasen von Gewindebohrungen werden Reste in die Atemluft verspritzt. „Das Problem ist“, sagt Diplom-Biologin Silvia Schön, „daß ein Kühlschmiermittel über 50 verschiedene Bestandteile hat, darunter Formaldehyde, Nitrosamine und Grillgifte. Die Hersteller sind nicht verpflichtet, anzugeben, was ihr Mittel enthält.“

Kühlschmiermittel fallen noch nicht einmal unter die Gefahrstoffverordnung. Das soll sich jetzt ändern, und darum hat die IG Metall Daten über den Umgang mit den chemischen Superkeulen gesammelt. Allein in Bremen befragte die Gewerkschaft rd. 350 ArbeitnehmerInnen über ihre Erfahrungen im Umgang mit Kühlschmiermitteln. Das Ergebnis: Über 50 Prozent hatten Probleme mit Hautreizungen, 34 Prozent klagten über Atembeschwerden. Die Bremer Ergebnisse decken sich in etwa mit einer Befragung in Norddeutschland, die unter insgesamt 3.400 MetallerInnen durchgeführt wurde. Unter diesen klagten außerdem zwei Prozent über Lungenerkrankungen, sechs Prozent über Ölakne, 1,4 Prozent über Leber- und Nierenerkrankungen, 0,1 Prozent über Krebserkrankungen.

„Jetzt bestätigt sich, was man aus der Literatur schon lange wußte“, sagt Silvia Schön. Die Forderungen der IG Metall: Inhaltsstoffe von Kühlschmiermitteln müssen deklariert, Ersatzstoffe erforscht und die Folgen für die ArbeitnehmerInnen als Berufskrankheiten anerkannt werden. Der Nachweis von Kühlschmiermitteln als Krankheitsursache gelingt bis jetzt nur in Einzelfällen, weil sich die gesundheitlichen Folgen teilweise erst sehr spät bei den Arbeitern einstellen. Derek Finan, Schlosser bei Atlas Elektronik, hatte zwanzig Jahre lang mit Kühlschmiermitteln zu tun, bevor er Risse in der Haut seiner Hände bemerkte. Alle möglichen Allergien hatten die Ärzte ihm bescheinigt, bevor er auf die Idee kam, daß seine Krankheit mit der Arbeit zusammenhing: Immer im Urlaub nämlich verheilten die Hände wieder vollständig. „Wenn wir jetzt auf ein offizielles Gutachten warten, daß uns unsere Befürchtung bestätigt, sind wir verraten und verkauft“, sagt Metaller Dieter Reinken.

Derzeit versucht man auf Herstellerseite, daß Problem der Kühlschmiermittel grob in den Griff zu bekommen. Das hat eher ökonomische als gesundheitspolitische Grüne: Wer als Hersteller ein Mittel ohne Chlor anbietet, sorgt für niedrige Entsorgungskosten bei seinem Kunden. „Die Preise für die Entsorgung schwanken zwischen 150 bis 3.000 Mark je Tonne“, sagt Schön. Derzeit, so schätzt die IG Metall, werden in Bremer Betrieben pro Jahr etwa 39 Tonnen von diesem Gift verbraucht. mad

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