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Soundcheck: Miroslav Vitous / Jan Gabarek / Peter Erskine / The Chieftains / Toad The Wet Sprocket / Jan Harrington

SOUNDCHECK

Gehört: Miroslav Vitous/Jan Gabarek/Peter Erskine. Der Asket aus dem Norden hat wieder zum Gebet gerufen und seine treue Gemeinde drängte sich am Samstag

1in der Fabrik. Vor esoterisch angehauchten Vierzigjährigen und langhaarigen Freaks feierte der norwegische Saxophonist Jan Gabarek ein bejubeltes Wiedersehen mit der Al-

1tonaer Spielstätte. Er war der Star des Abends, obwohl er als Sideman des tschechischen Bassisten Miroslav Vitous auftrat, der dieses Trio- Projekt initiierte. Es war eine erfreuliche Überraschung zu sehen, daß Gabarek das musikalische Korsett abgelegt hat und in altbekannter Frische abenteuerliche Klangexperimente unternahm. An der Seite seiner virtuosen Mitspieler entdeckte Gabarek wieder die Tugenden der kollektiven Improvisation. Der Blickkontakt und nicht die vereinbarten Taktlängen bestimmten den Wechsel der folkloristischen Motive. Miroslav Vitous bediente seinen Kontrabaß wie einen E-Baß und weckte Erinnerungen an Jaco Pastorius. Und der kongeniale Schlagzeuger Peter Erskine, der als Vierzigjähriger sein „coming-out“ erlebt, spielte so humorvoll, daß der „kühle“ Norweger oft beim Lachen ertappt wurde. Nikos Theodorakopulos

Heute Abend: The Chieftains. Es gibt zwei Kategorien von Liebhabern irischer Folkmusic: diejenigen, die ihre Sympathie mit der IRA nicht verbergen, und sich von heldenhaften Balladen angezogen fühlen und diejenigen, die von der hügeligen und „wilden“ irischen Landschaft begeistert sind. Letztere dürften sich eher von den Chieftains angesprochen fühlen. Die wohl bekannteste Folklore-Combo Irlands pflegt die traditionellen keltischen Klänge seit nun mehr als dreißig Jahren. Vor allem in den Staaten genießen die sechs Dubliner immer noch große Popularität. Letztes Jahr musizierten sie mit Frank Zappa und Tom Jones, mit Willie Nelson und Emmylou Harris und sie interpretierten für einen Film mit Tom Cruise Musik von John Williams. Die Improvisation auf traditionellen Instrumenten, die der Pol ihrer Musik ist, hat sich trotz der vielfältigen Engagements nicht geändert. Ihren bisher größten Erfolg feierten allerdings „die Chieftains“ als „Vorgruppe“ beim Auftritt des Papstes in Dublin. Nikos Theodorakopulos

Musikhalle, 20 Uhr

Heute abend: Toad The Wet Sprocket. „Wir werden des öfteren in die Schublade ‘Alternative' gesteckt, aber ich glaube nicht, daß das eine treffende Bezeichnung ist“, sagt Todd Nichols, Gitarrist der Band aus Santa Barbara. Wir auch nicht. So wie die vier Burschen auf ihrer dritten Platte Fear klingen und aussehen, denkt man eher an brave College-Boys, die keine Begleitung für den Abschlußball gefunden haben und sich bei Computerspielen und langen Ritten durch die Prärie trösten. Allerdings schaffen es die „Kröten“, der an sich verbotenen Mixtur aus Rock, Pop und Folk sehr hörbare Resultate abzuzapfen. Daß sie gerne ihren Vorbildern, den frühen Pink Floyd, U2 oder R.E.M. huldigen, versuchen sie nicht zu kaschieren, von einem dumpfen Dahinträllern abgeschmackter Songs sind Toad The Wet Sprocket allerdings weit entfernt. gag

Markthalle, 21 Uhr

Außerdem: Jan Harrington singt heute um 20.30 Uhr im Schmidt.

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