: Oppositionspolitik, die ihren Namen verdient
■ betr.: "Olympiareife Chuzpe", "Video entzweit Bündnis 90/Grüne", taz vom 24.2.93
betr.: „Olympiareife Chuzpe“, „Video entzweit Bündnis 90/Grüne“, taz vom 24.2.93
Natürlich ist mir klar, daß Kommentare im Gegensatz zu Artikeln die persönliche Meinung des Kommentators ausdrücken. Aber damit soll in keiner Weise die Unfähigkeit, verschiedene Ebenen auseinanderzuhalten, kaschiert werden.[...]
Sollte es nicht in erster Linie darum gehen, Olympia (das übrigens auch von der SPD gewollt wird – nur zur Erinnerung) in Berlin – und wie ich meine überall – zu verhindern, als sich eben dieser SPD anzubiedern und auf die Politik der Olympiabefürworter reinzufallen.[...]
Zudem hatte ich naiverweise geglaubt, auch wenn ich eine persönliche Meinung wiedergebe, sollte ich mich von der Wahrheit nicht zu weit entfernen. Im Gegensatz zu vielen, die sich dazu äußern, habe ich das Video vom Anfang an gesehen. Ich will nicht unbedingt Tucholsky zitieren, was Satire alles darf (Herr Wieland müßte das besser wissen!), die Tatsache, daß dieses – wie ich meine harmlose – Video nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist, mit „haarsträubender Trickserei“, „lächerlich“, „hanebüchen“ usw. abzutun, übersteigt mein Verständnis für Herrn Nowakowski.
Auch wenn das Video zu Gewalt aufrufen sollte, ist es doch lachhaft zu glauben, daß die IOC- Mitglieder dazu aufgefordert werden sollen, gegen sich selbst Steine zu werfen. Einzig und allein wird gezeigt, daß sich die Berliner Bevölkerung (zumindest Teile davon) nicht alles gefallen lassen, daß die Friedhofsruhe, die sich diese Greise wünschen (ist das schon wieder Aufruf zur Gewalt?), nicht unbedingt gewährleistet ist.
Auch das Bündnis90 sollte sich auf wichtigere Politikfelder besinnen, statt sich endgültig lächerlich zu machen. Auch hier werden persönliche mit politischen Ebenen vermischt. Gehört doch Judith Demba zu den „Ostgrünen“, die sich deutlich gegen die Vereinigung so ausgesprochen haben. Außerdem unterstelle ich jetzt mal den Leuten vom Bündnis90, daß sie wie kleine Kinder ausloten wollen, wie weit sie gehen können. (Auf der einen Seite die Autonomen, auf der anderen Seite das Bündnis90, und die taz mittenmang bei. Habt Ihr alle nicht ausreichend im Sandkasten gespielt?)
Judith Demba ist für mich eine der wenigen profilträchtigen Personen in der Fraktion Bündnis90/ Grüne. Mit diesem „Olympia-Video“ wird Oppositionspolitik betrieben, die diesen Namen verdient. Selbstverständlich wird frau/ man angreifbar, wenn sie/er sich profiliert. Selbstverständlich soll und muß auch darüber diskutiert werden. Aber dies sollte anhand von Fakten passieren und nicht persönlich werden und deshalb unsachlich! Ich hoffe sehr, die Grünen belassen Judith Demba in der Funktion der sportpolitischen Sprecherin. Doris Zimmer, Berlin
Mariam Niroumand schreibt in ihrem Kommentar zum „Terror-2000“-Film, daß der Zensurgedanke aus „einem eigentümlich archaischen Glauben an die Macht der Bilder“ stamme, „als seien die Bilder verantwortlich für eine Realität, die diese wildgewordenen Kleinbürger nicht kontrollieren können“. Diese Aussage sollte sich insbesondere auch Gerd Nowakowski zu Herzen nehmen, wenn er durch das Anti-Olympia-Video zusammen mit Landowsky (CDU) Gefahr für die Stadt und die FDGO heraufziehen sieht. Bilder sind Fiktionen und Realitäten sind Realitäten (1.Mai 1987, IWF- Kongreß, Mainzer Straße, Olympia 2000?), gleichgültig, wie man zu eben diesen stehen mag. Dominik Diehl, Berlin
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