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Exil-Iraner ermordet

■ Schüsse auf offener Straße in Rom

Berlin (afp/taz) – Wieder ist ein führender Vertreter der iranischen Opposition auf offener Straße erschossen worden. Wie die italienische Polizei mitteilte, wurde Mohamed Hussein Naghdi, Vertreter des „Nationalrats des iranischen Widerstands“ in Italien, gestern morgen in Rom auf offener Straße getötet. Naghdi war gegen 9.00 Uhr auf dem Weg von seiner Wohnung in der Innenstadt zum Sitz seiner Organisation, als zwei unbekannte Männer von einem Motorroller aus das Feuer auf seinen Wagen eröffneten. Der Iraner wurde von zwei Pistolenkugeln im Gesicht und im Bauch getroffen und starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Sein Fahrer blieb unverletzt. Die Täter entkamen.

Der 42jährige Naghdi war bis 1982 offizieller Botschafter des Iran in Rom. Nach einer Terrorwelle distanzierte er sich von Chomeini und wechselte zu den oppositionellen Volksmudschaheddin über, als deren prominentester Vertreter in Italien er seither tätig war. Der mit einer Italienerin verheiratete Diplomat verfügte über ausgezeichnete Beziehungen zu italienischen PolitikerInnen. Nach Ansicht des Volksmudschaheddin ist es sein Verdienst, daß das italienische Parlament im November die Regierung aufforderte, Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran von der Einhaltung der Menschenrechte abhängig zu machen.

Iranische Oppositionelle machen das Mullah-Regime für den Mord verantwortlich. Der Vorsitzende des „Widerstandsrates“ und Volksmudschaheddin-Chef Massud Radschawi appellierte an Ministerpräsident Giuliano Amato und Staatspräsident Oscar Luigi Scalfaro, die Mörder ihrer gerechten Strafe zuzuführen. Nagdhis Name soll auf einer „schwarzen Liste“ gestanden haben, die der Berliner Polizei im vergangenen Jahr in die Hände gefallen sei. Auf der Liste seien 32 in Europa aktive Oppositionspolitiker genannt worden, die „eliminiert“ werden sollten, erklärte der Volksmudschaheddin. In den vergangenen Tagen war Naghdi mehrfach von der italienischen Polizei auf die Gefahr eines Attentates hingegewiesen worden, sagte der Sprecher des iranischen Volksmudschaheddin in Deutschland, Javad Dabiran. Auf Anweisung des Innenministeriums in Rom habe Naghdi Polizeischutz bekommen.

Das Naghdi-Attentat reiht sich in eine lange Mordkette gegen iranische Oppositionelle in Europa ein, der vor allem Angehörige der Führungsspitze der „Kurdischen Demokratischen Partei des Iran“ und des Volksmudschaheddin zum Opfer fielen. Das letzte vergleichbare Attentat fand im Herbst vergangenen Jahres in einer griechischen Gaststätte in Berlin statt. Der Generalsekretär der KDP, Sadik Serefkendi, und mehrere Begleiter fielen ihm zum Opfer. dora

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