: Metaller üben Nord-Solidarität
■ 65000 norddeutsche Gewerkschafter demonstrieren gegen Tarifvertrags-Kündigung in Mecklenburg-Vorpommern
in Mecklenburg-Vorpommern
Gewerkschaft contra Arbeitgeber. 65000 Metaller, so die IG- Metall, haben gestern in den norddeutschen Küstenländern mit Warnstreiks, Kundgebungen und Verkehrsblockaden gegen den „Tarifvertrags–Rechtsbruch“ in Mecklenburg-Vorpommern durch den Unternehmerverband „Nordmetall“ demonstriert.
Auch Hamburger Metaller beteiligten sich an den Arbeitsniederlegungen. In der Elbmetropole waren es vor allem die Belegschaften der Großbetriebe Still, Blohm & Voss, Deutsche Airbus und Körber, die gegen den Arbeitgeberbeschluß demonstrierten.
Mit dabei auch 1200 MitarbeiterInnen Lufthansa, die die Arbeit für Stunden ruhen ließen und zum Werkstor marschierten. Denn auch bei den Kranich-Fliegern haben die Gewerkschaften mit der Aushöhlung des Tarifvertragsrechts zu kämpfen. Obwohl die Belegschaft durch Lohnverzicht dem Unternehmen jüngst eine halbe Milliarde Mark gestiftet hat, betreibt die Lufthansa durch Betriebsteilauslagerungen „Sozialabbbau“, wie ÖTV-Vize-Chef Wolfgang Rose erläutert: „Das ist der Versuch, trotz Vorleistungen der Mitarbeiter scheibchenweise Teile der Belegschaft aus dem Geltungsbereich des Tarifvertrags herauszuziehen.“
Der Schwerpunkt der Aktionen lag gestern in Schwerin, wo MetallerInnen die Zufahrtswege zum Landtag blockierten. In Mecklenburg-Vorpommern hatten die Metallunternehmer vor wenigen Wochen einseitig den gültigen Tarifvertrag für nichtig erklärt, durch den die Ostlöhne auf Westniveau angehoben werden sollten. Begründung: Weil die Unternehmen die Löhnerhöhungen nicht zahlen könnten, sei die Geschäfts- und Rechtsgrundlage des Kontraktes entfallen. Die Gewerkschaft befürchtet nun, daß die West-Unternehmen diesem Beispiel folgen könnten. IG Metall-Küste-Chef Frank Teichmüller dazu: „Die Metallarbeitgeber bereiten den offenen Rechtsbruch der Tarifverträge im Osten vor. Das wäre auch für den Westen der Anfang vom Ende der Tarifautonomie und des Tarifvertragssystems.“
Trotz massiver Einschüchterungsversuche regte sich gestern auch im Hamburger Umland Widerstand: In Pinneberg formierte sich in den Mittagsstunden trotz heftigen Nieselregens eine Demo von 500 GewerkschafterInnen. In Briefen an die Beschäftigten hatten die
1Metallunternehmer zuvor gedroht, alle zu entlassen, die sich an dem IG Metall-Protest beteiligen würden. Im Rahmen der Demo besetzten die Metaller kurzfristig eine
1Hochbrücke und tauften sie in „Brücke der Solidarität“ um. IG Metall-Sekretär Uwe Zabel zog einen abstrakten Vergleich zum Tarifvertragssystem zwischen Ost und
1West: „Diese Brücke verbindet beide Teile Pinnebergs. Wenn nun ein Pfeiler weggeschlagen wird, bricht die ganze Brücke zusammen.“ Kai von Appen
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