: Die Milch macht's - nicht immer
■ Milch ist ein gesundes Lebensmittel - so sie nicht mit Aflatoxinen verunreinigt ist / Belastung ist zurückgegangen, doch einige Milchsorten sind nicht empfehlenswert
Rinderzüchter haben in den vergangenen 40 Jahren aus dem gemächlichen Wiederkäuer Milchfabriken geformt, aus denen bis zu 14.000 Liter pro Jahr fließen. Leider hatten sie bei ihren Bemühungen nicht viel mehr als die Milchleistung im Blick. Die an sich robusten Tiere wurden zu krankheitsanfälligen Kühen, die oft schon nach fünf Jahren im Schlachthof landen. Im englischen Sprachraum hat sich daher der Ausdruck „disposable cows“ eingebürgert – Wegwerf-Kühe.
Solche Höchstleistung schaffen die Kühe nur mit Kraftfutter. Schimmelt es, entstehen unter Umständen die krebserregenden Pilzgifte Aflatoxine. Wenn eine Kuh solch verdorbenes Futter frißt, geht der gefährliche Stoff ins Blut über und landet letztendlich in der Milch.
Das Öko-Test-Magazin hat in zwei von 29 Milchproben das gefährliche Pilzgift Aflatoxin M1 gefunden. Die Konzentrationen liegen nur knapp unter dem Grenzwert von zehn Nanogramm pro Kilo Aflatoxin M1, den das Lebensmittelrecht für Säuglingsnahrung erlaubt. Der bedenkliche Stoff steckt ausgerechnet in Milch der Firma „Heirler biologische Erzeugnisse“, die es in Reformhäusern gibt.
Viele Reformhaus- oder Bioläden bieten „Vorzugsmilch“ an, die weder erhitzt noch homogenisiert, daß heißt geschleudert, ist. Sie stammt aber nicht nur von biologisch wirtschaftenden Höfen, sondern auch von konventionellen Betrieben, so die Öko-Test-Recherchen.
Neben der Vorzugsmilch gibt es pasteurisierte Vollmilch. Sie wird kurzzeitig erhitzt, um mögliche Keime zu vermindern. Die EG- Richtlinien fordern seit kurzem strengere Keimzahlwerte. Was nach Verbraucherschutz klingt, nützt vor allem den Molkereien. Die können die Milch über noch weitere Strecken transportieren, ohne daß sie verdirbt. Die Erhitzung der Milch scheint keinen großen Einfluß auf den Vitamin- und Mineralstoffgehalt zu haben. H-Milch, die länger erhitzt wird, enthält fast ebenso viele Nährstoffe wie pasteurisierte. Trotzdem ist es nicht egal, welche Flasche oder Tüte man kauft. Bei H-Milch wird beim Erhitzen auf etwa 140 Grad auch das wertvolle Milcheiweiß denaturiert, das heißt verändert. Außerdem muß auch „haltbare Milch“, die man üblicherweise in größeren Mengen kauft und in den Vorratsschrank stellt, an sich ins Kühlfach gestellt werden. Denn in der Wärme vermindern sich die übriggebliebenen Vitamine schon in einem Monat beträchtlich.
Die Haltung macht sich weniger beim Verbraucher als bei den Tieren selbst bemerkbar. Landwirte, die kontrolliert-biologisch Milch erzeugen, dürfen den Kühen maximal zehn Prozent Kraftfutter geben. Ansonsten wird hofeigenes Futter verwendet. Bio-Kühe geben zwar etwas weniger Milch, doch leben sie gesünder als ihre Genossinnen. Bei denen stieg die Zahl der Eutererkrankungen, der sogenannten Mastitis, seit 1950 um mehr als das Fünffache.
Das Problem der Mastitis will die holländische Firma Gene Pharming Europe nun in den Griff bekommen. Sie setzte dem Bullen Hermann ein Gen für das menschliche Protein Lactoferrin in seine Keimbahn ein. Auf Milchkühe übertragen, soll es die Anfälligkeit gegen Eutererkrankungen verringern. In Holland darf der Bulle schon die ersten einheimischen Kühe besamen. In Deutschland hat bislang noch keine Firma einen entsprechenden Antrag gestellt.
Wer die natürliche Milcherzeugung unterstützen möchte, sollte Bio-Milch kaufen: Die Tiere profitieren, weil sie weniger krank sind. Und Verbraucher trinken Milch, die meist naturbelassen ist. Dorothee Meyer-Kahrweg
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