: „Ich muß absolut powern“
■ Die Gesellschaft für Aktuelle Kunst hatte einst einen guten Namen und jetzt eine neue Chefin: Eva Schmidt / Ein Porträt
Gestern schob Fast-Bürgermeister Ulrich Nölle (CDU, Sparkasse) seinen Sonnenbank- Körper durch die Galerie und zeigte ihr sein mitfühlendes Gesicht. Nächste Woche sitzt sie mit Noch-Bürgermeister Wedemeier am Kamin, um über Kultur zu talken. Eva Schmidt antichambriert bei Banken und Versicherungen, bei Bier und Kaffee und Tod und Teufel, weil: „Ich muß absolut powern.“
Die Powerfrau ist auf Sponsorenjagd. Es geht um die Gesellschaft für Aktuelle Kunst, auch kurz GAK genannt. Eva Schmidt ist seit letztem Dezember Chefin in einer Galerie, die einst auch außerhalb der Stadtmauern einen Namen hatte — als freche und provokante Gegenspielerin zur verstaubten Kunsthalle schaffte die GAK internationale junge Kunst nach Bremen. Mit dem Umbau der Weserburg, als die GAK ihr Domizil verlor, und nach reichlich internen Querelen gings mit der GAK bergab. Selbst nach ihrem Einzug in die Neue Weserburg, direkt gegenüber dem Neuen Museum, kam sie nicht auf. Eva Schmidt weiß, daß sie sich bewegen muß, um etwas zu ändern.
Denn die Wahrheit ist, daß man bei der GAK von einem Ausstellungsetat im eigentlichen Sinnen nicht reden kann. „Das meiste müssen wir selbst erwirtschaften, über Mitgliedsbeiträge, Spenden, Auktionen.“ Und eben Sponsoren. Ihre Idee: Das GAK-Logo wird auf ein Jahr mit einem Firmen-Logo, sagen wir Maggie, verknüpft, dafür zahlt Maggie immer die Ausstellungsplakate und das Kleben. Berührungsängste hat Eva Schmidt nicht. Solange ihr keiner ins Programm reinredet!
Ganz so forsch ist die gelernte Kunsthistorikerin (Jg.'57) doch nicht. Sie ist klein, blond, hat lange schlanke Hände, und unermeßlich blaue Augen, mit denen sie am liebsten in die Ferne sieht. Dann wieder lacht sie gern und laut. Mit den Großkopferten Bremens kennt sie sich nicht aus, und eine Stammkneipe hat sie noch nicht. Wird sie vielleicht nie haben. Planvoll integriert sie sich aber in die Kunstszene. Als Ausstellungsmacherin lebt sie von Kontakten, sie sind ihr Kapital. Aus Münster kam sie mit Remy Zaugg, den sie im Westfälischen Landesmuseum schon gezeigt und mit dem sie ein Buch gemacht hatte. Mit Zaugg führt sie sich jetzt in Bremen ein (siehe Text unten).
Was ist „aktuelle“ Kunst? Eva Schmidt wirkt plötzlich wie die siebzehnte Bewerberin im Vorstellungsgespräch. „Nicht formalistisch,“ müht sie sich ab, „nicht l'art pour l'art. Auf die Realität bezogen. Aber natürlich gattungssprengend.“ Sie promovierte über den amerikanischen Land-Art-Künstler Robert Smithon. Der arbeitet zur Umweltproblematik. „Nicht im Atelier ein Bild nach dem anderen machen,“ sagt sie, „Kunst anwenden in der Welt!“
Was sollen wir von Eva Schmidt erwarten? Als nächsten zeigt sie Alfredo Jaar, einen Chilenen in New York, der spektakuläre Fotoinstallationen zu Themen der III. Welt macht. „Cibachrome, gaaanz groß.“ Dann eine junge Fotografin, einen Künstler, der sich mit schlimmen Realitätseinbrüchen auseinandersetzt, eine Malerin, deren Bild Eva Schmidt vor Jahren in New York entdeckte und nie vergaß. Keine „Schlaumeier“. Doch auch keine Revolutionäre mehr, weil's die nicht mehr gibt.
Aber zunächst steht die Schwellenangst auf der Tagesordnung. Gegenüber dem lichtdurchfluteten Entree des Museums wirkt das „scheißenge“ Treppenhaus der GAK ausladend und trist. Hier nochmal 4 Mark bezahlen, nachdem man müde aus der Weserburg (6 Mark) gewankt ist? Geplant ist, die Eintrittspreise zu koppeln. Geplant ist ein Cafe. Und so schnell wie es geht wird das graue GAK-Schild überklebt. Schwarz. Oder — äußerstenfalls - rot. Burkhard Straßmann
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen