: Leutheusser ohne Schnarrenberger
Nach zwei Jahren zähen Streits einigte sich die Union auf ein neues Namensrecht bei Ehen und Kindern / Adlige haben noch mal Glück gehabt: Von und zu auch bei Kindern aus zweiter Ehe ■ Aus Bonn Tissy Bruns
Woran eigentlich sind die echten Konservativen noch zweifelsfrei zu erkennen? Woran die Liberalen? Wir leben in Zeiten, in denen alle Unterschiede längst verwischt scheinen. Doch die konservative Spitzenpolitikerin heißt Süssmuth, Merkel, Rönsch, die liberale gleich doppelt: zum Beispiel Leutheusser-Schnarrenberger. Ausnahmen bestätigen auch hier nur die Regel oder erweisen sich gar als bloßer Schein: Schwaetzer verlor den Adam nur wegen Scheidung.
Wenn in der Liste der Unionsfraktion eine Rahardt-Vahldieck auftaucht, beweist das gar nichts: die ist wiederholt durch Dissidenz aufgefallen. Und schließlich wiegt die liberale Abgeordnete Funke- Schmitt-Rink den einen oder anderen Ausrutscher bei den konservativen Frauen dreifach auf.
Doch bald werden wir sie auch am Namen nicht mehr klar erkennen können. Denn der Bindestrich wird überflüssig. Der gemeinsame Ehename ist nicht mehr zwingend – jede und jeder darf den eigenen Namen auch verehelicht weitertragen. Wie schwer den Unionspolitikern der Verzicht auf das namentliche Bekenntnis zum heiligen Stand gefallen ist, läßt sich nur erahnen: Gut zwei Jahre dauerten die Koalitonsverhandlungen über dieses Thema an, über das die Christdemokraten keinen Tag verhandelt hätten, wenn nicht das Bundesverfassungericht sie dazu genötigt hätte.
Jeder Stolperstein mußte herhalten, um die Sache zu blockieren. Was, wenn die Ehegatten, die per Gesetz aufgefordert bleiben, einen gemeinsamen Ehenamen zu wählen, sich nicht einmal dann darauf verständigen können, wenn der Nachwuchs erscheint? Kinder sollen nur einen Namen haben, darin waren sich die Akteure nach zwanzig Jahren Doppelnamen relativ schnell einig. Soll das Los entscheiden, wenn die Eltern streiten? Sollen die Knaben nach der Mutter, die Mädchen nach dem Vater heißen – sogar das war in Erwägung. Nun wird der Vormundschaftsrichter im Konfliktfall den Elternteil bestimmen, der bestimmen darf.
Oder: Was geschieht mit angeheirateten Namen nach Ehescheidung bei Zweitehe? Hier hat der Kompromiß von Union und FDP die schlimmsten Befürchtungen des deutschen Adels ausgeräumt. Ein Name aus der Erstehe darf zwar weitergeführt, aber nicht zum gemeinsamen Ehenamen gemacht werden. Kapitulation jedoch vor einem Folgeproblem: eine erstverehelichte von und zu kann den Adelsnamen auch auf die Kinder aus einer zweiten Ehe weitergeben. Denn im Fall des unehelich geborenen Kindes einer angeheirateten und wieder geschiedenen Herzogin ist der fragwürdige Erwerb des schmucken Namens für die Nachkömmlinge ohnehin möglich.
Nicht nur hier entschieden die Konservativen im Zweifelsfall zugunsten des ehelichen Prinzips. Man hatte durchaus überlegt, ob die gemeinsame Entscheidung für einen Ehenamen nicht Voraussetzung für die Ehe werden müßte. Pro familia! hieß es am Ende. Denn gerade Anhänger dieser Institution müssen sich heutzutage gut überlegen, wie hoch sie die Hürden legen.
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