Junge Liberale wieder auf Linkskurs

Landeskongreß der FDP-Jugendorganisation wählte neuen Vorstand / Abkehr vom nationalliberalen Kurs / Rechte boykottierten Wahl und wollen eigenständige Organisation gründen  ■ Von Severin Weiland

Berlin. Es war eine Wahl, wie sie die Jungen Liberalen (Julis) seit langem nicht mehr erlebt hatten. Während noch im Oktober rechte und gemäßigte Mitglieder mit Faustschlägen aufeinander losgegangen und ein zweiter Anlauf Ende letzten Jahres an Verfahrensfragen gescheitert war, ähnelte der Landeskongreß der FDP-Jugendorganisation am Samstag im Rathaus Schöneberg einer gut geölten Abstimmungsmaschine. Ein Mitglied frohlockte denn auch, dies sei der „schönste Landeskongreß“ seit langem: „Ich bin ordnungsgemäß eingeladen, freundlich begrüßt worden und habe einen Stimmzettel erhalten.“ Kein Wunder, blieben die Rechten innerhalb der Julis der Wahl geschlossen fern – zuvor hatten sie erfolglos mit einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht versucht, die Austragung des Landeskongresses zu verhindern. Was die Rechten von den Wahlen hielten, machte ihr Sprecher Markus Roscher deutlich: Symbolisch zerriß der 29jährige Rechtsreferendar seinen Stimmzettel. Sehr zum Ärger seiner Klientel hatten die vom Bundesschiedsgericht eingesetzten Treuhänder, die am Samstag für einen ordnungsgemäßen Ablauf der Tagung sorgten, über 160 Mitglieder nicht zur Wahl zugelassen – sie waren allesamt unter dem amtsenthobenen früheren Landesvorstand beigetreten. So hatten die rund 70 anwesenden Vertreter des linken und gemäßigten Flügels ein leichtes Spiel: Ohne Gegenkandidat wurde der 26jährige Medizinstudent der FU, Bernd Kämpfer, zum neuen Landesvorsitzenden gewählt.

Mit seiner Wahl zogen die Julis einen vorläufigen Schlußstrich unter die seit fast zwei Jahren andauernden Querelen, in deren Verlauf das Bundesschiedsgericht den vormaligen rechtsgerichteten Landesvorstand unter Gernot Biehler amtsenthoben und einen Notvorstand eingesetzt hatte. Vorausgegangen war der Versuch des mit dem österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider sympathisierenden „nationalliberalen Flügels“, mit einer dubiosen Vorstandswahl und einer im Eilverfahren durchgepeitschten Satzungsänderung die Organisation ins rechte Fahrwasser zu leiten.

Von einer Abkehr des bisherigen Kurses – der frühere Landesvorstand hatte sich für ein Bundesland Preußen eingesetzt – ließ Kämpfer keinen Zweifel. Nicht nur, daß er sich gegen Einschränkungen beim Asylrecht und für ein Einwanderungsgesetz aussprach. Keinen Platz im Verband, urteilte er, dürften jene Kräfte innerhalb der Julis mehr haben, die „Kaderstrukturen oder blinden Gehorsam“ verlangten. Kaum mehr überraschen konnte denn auch die Annahme eines Antrages, in dem „jede Zusammenarbeit“ mit Haiders FPÖ und ihrer Jugendorganisation RFJ abgelehnt wird.

Die Rechten haben nach diesem Landeskongreß offenbar resigniert. Zwar kündigte Markus Roscher an, die Wahl gerichtlich anfechten zu lassen. Doch weil sich ein solches Gerichtsverfahren hinstrecken kann, denken die Rechten nunmehr über eine eigene Jugendorganisation nach. Sie soll, so Roscher gegenüber der taz, „innerhalb der FDP“ ihren Platz finden. Wer wie er für „erweiterte Polizeibefugnisse“ und gegen den „Asylmißbrauch“ sei, könne unter dem neuen Juli-Vorstand keine „Brötchen mehr backen“, so Roschers Fazit.