: Serbische Offensive in Zentral- und Nordbosnien
■ Artillerieangriffe auf die mit Flüchtlingen überfüllte Stadt Tuzla / 1.000 Muslime in Mostar freigelassen / Kommandeure von den eigenen Truppen blockiert
Zagreb/Washington/Bonn (dpa/AP/taz) – Die Truppen der bosnischen Serben haben am Freitag einen schweren Angriff gegen die zentralbosnische Stadt Maglaj gestartet. Die Serben versuchen dort möglicherweise, einen neuen Korridor zwischen Serbien und den serbisch kontrollierten Gebieten Bosniens zu schaffen. Von Angriffen der serbischen Truppen wurde auch aus der nordbosnischen Region um Brčko berichtet, das am Rand des serbisch kontrollierten Korridors durch die Save- Ebene liegt. UNO-Sprecher Barry Frewer sagte in Sarajevo, die Angriffe auf Stellungen der bosnischen Regierungstruppen hätten bereits am Donnerstag wieder begonnen. Eingesetzt worden seien Artilleriegeschütze und mindestens drei Panzer des Typs T-55.
Die Kontrolle des durch die Save-Tiefebene laufenden Korridors ist eines der wichtigsten Kriegsziele der Serben, das aber noch nicht erreicht ist. Ersatzweise könnten die Serben auch versuchen, einen nach Westen führenden Korridor durch Mittelbosnien zu schlagen. Darauf deuteten erneute schwere Artillerieangriffe auf das mit Flüchtlingen überfüllte Tuzla hin.
Trotz eines Waffenstillstandes brachen neue Kämpfe auch in der Militärallianz der Bosnier und Kroaten um Mostar aus. Die Lage ist nach UNO-Berichten dort so verworren, daß Kommandeure beider Seiten von ihren eigenen Truppen blockiert wurden. Frewer berichtete, die Kommandeure der von Moslems geführten bosnischen Regierungstruppen und der bosnischen Kroaten, die Generale Sefer Halilovic und Milivoje Petkovic, reisten am Donnerstag nach Jablanica 40 Kilometer nördlich von Mostar. Sie wurden aber teilweise von ihren eigenen Truppen nicht durch die Straßensperren gelassen. Beide Generale hatten sich zuvor auf ein Ende der Kämpfe ihrer verfeindeten Truppen und auf deren Entflechtung geeinigt.
Im mittelbosnischen Vitez, das erst am Mittwoch wieder Schauplatz heftiger Gefechte zwischen Moslems und Kroaten war, herrschte vorerst gespannte Ruhe. In Mostar ließen die Kroaten 1.000 von 1.800 Moslems frei, die sie in der vergangenen Wochen gefangengenommen hatten. Sowohl in Vitez als auch in Mostar blieben die verfeindeten Seiten aber in ihren Stellungen, bereit, jederzeit wieder zu den Waffen zu greifen.
UNO-Generalsekretär Butros Ghali legte dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen seine Empfehlungen für die Einrichtung des geplanten internationalen Gerichtshofs für Kriegsverbrechen vor. Das Personal soll 400 Personen umfassen, die Kosten für das erste Jahr werden auf 31,2 Millionen Dollar geschätzt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen