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Bald im Kreise der Atomwaffen-Staaten?

■ betr.: "Bonn pokert unauffällig um Sitz im Sicherheitsrat", "Joschka Fischer steigt aus" und "Atomkonsens ohne Parteien", taz vom 2.7.93

betr.: „Bonn pokert unauffällig um Sitz im Sicherheitsrat“, „Joschka Fischer steigt aus“ und „Atomkonsens ohne Parteien“, taz vom 2.7.93

Daß die Regierung Kohl seit langem nach einem „Ständigen Sitz“ im UNO-Sicherheitsrat lechzt, sich aber so ziert und vermeintlich „unauffällig pokert“, hat einen nicht gerade guten, aber sehr einleuchtenden Grund.

Dann wäre Bonn endlich in einem Gremium vertreten, in dem seit Ende des Zweiten Weltkrieges nur die fünf offiziellen Atomwaffen-Staaten sitzen. Erinnerungen an die fünfziger und sechziger Jahre werden wach, als allein der westliche Teil des damals noch gespaltenen und noch nicht einmal souveränen Deutschland die damaligen Atomwaffen-Staaten mit Sonderwünschen und Vorbehalten zum Atomwaffensperrvertrag über viele Jahre hinweg nervte.

Neben den offiziellen Atomwaffen-Staaten an einem Tisch sitzt sich natürlich komfortabler, wenn man etwas im Rücken hat: eine Atomindustrie auf dem neusten Stand von Wissenschaft und Technik, möglichst viele Atomkraftwerke als Legitimation für einen leistungsfähigen atomaren Brennstoff-Kreislauf mit Zugriff auf die atomwaffenrelevanten (Plutonium-)Stufen in demselben. So kann man vollmundig weiter auf Atomwaffen, jedenfalls auf solche im nationalen Besitz, verzichten und für Verlängerung des vor 25 Jahren schon auf deutsche Sonderwünsche zugeschnittenen Atomwaffensperrvertrages plädieren. Bei der zivil-militärischen Ambivalenz der Atomenergie hat man auf jeden Fall ein As im Ärmel, und jedermann im internationalen Polit-Deal weiß, daß Deutschland jederzeit mit der Option auf die Bombe pokern könnte.

Vor solchem Hintergrund ist auch verständlich, warum ein Staat unbedingt eine stattliche Atomindustrie im eigenen Lande haben will. Aber damit der Öffentlichkeit zu kommen, ist nicht opportun.

Mangels vorzeigbarer und überzeugender Gründe für eine Atomindustrie hängt sich darum der Staat einfach an jene grob gestanzten, aber einprägsamen Werbesprüche dran, die Atomkonzerne von Werbetextern zu Themen wie Sicherheit, atomare Endmüllagerung oder Treibhausklima und CO2 zurechtfummeln und für sehr viel Geld in aller Öffentlichkeit verbreiten lassen. Durch eine Interessengemeinschaft dieser Art wird die Kumpanei zwischen Staat und Atomindustrie viel fester zusammengeschweißt, als das durch noch so hohe Parteispenden oder eifrige Atomlobbyisten je möglich wäre.

Ein in solche Kumpanei eingebundener Staat hört auf die Stimmen derer, die vor den Gefahren der Atomindustrie warnen und vernünftige Gründe gegen die angebliche Wirtschaftlichkeit der Atomenergie vortragen, erst unter dem Druck zu erwartender Wahlniederlagen. Hans Grossmann, Maintal

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