piwik no script img

Mitteldeutsches Mittelmaß

■ "Heinz bleibt Heinz" - Sechsteilige Comedy-Reihe des MDR ab heute 21.05 Uhr im Ersten

Das ist gemein. Das haben die BürgerInnen der früheren DDR nicht verdient: Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) produziert eine ziemlich platte Comedy für das ARD-Sommerloch. Und weil sich Leipziger der Mittelmäßigkeit des mitteldeutschen Produkts voll bewußt sind, sprechen sie vom speziellen „Ost-Humor“ und nennen es vorsichtig „Schmunzelshow“.

Der realexistierende Osten und seine durchaus witzfähige Vergangenheit kommen freilich in der Komik-Reihe gar nicht vor, ebensowenig die diversen Zusammenwachs-Probleme. Immerhin ist es ein Ostler, der der Gesamtnation den deutschen Humor (Ost) nahebringt – der Sänger, Schauspieler, Komiker und Moderator, kurz: DDR-Fernsehstar Heinz Rennhack, der 1988 den bunten Kesseln des sozialistischen Deutschlands den Rücken gekehrt hatte.

Er gibt den Tele-Briefkastenonkel „Heinz“, der als „Ratologe“ Zuschauerpost beantwortet und seine guten Tips gleich darauf im Mini-Drama verdeutlicht. Darf man eine Dame, die in der Öffentlichkeit ein Würstchen ißt, ansprechen? Hilft autogenes Training bei Kleptomanie? Was ist zu tun, wenn man im Sex-Shop unerkannt bleiben möchte?

So abgenudelt wie die Rahmenhandlung kommen auch die Sketche daher: Vom undisziplinierten Papagei in der Tierhandlung über die im Ehebett dauerstrickende Gattin bis zum bescheuerten Bodybuilder wird das immerwährende Inventar des Episodenwitzes abgehandelt. Das kennt das Publikum – so wie die prominenten Mitspieler Anita Kupsch, Rolf Zacher, Wolfgang Völz, Dagmar Berghoff oder Marianne Kiefer. Thema verschenkt. Dabei wäre „Lebenshilfe“, mit mehr Bodenhaftung verarbeitet, für ein paar Gags gut. Ob Super Illu oder Neues Deutschland: alle erklären den Ostlern immer noch den Westen – zum Ausschneiden und aufbewahren.

Die sechsmal 25 Minuten kommen leider ganz ohne die gebotene Ironie und schwarzen Humor aus. Laue Texte unterfordern durchgehend den Schauspieler Rennhack, der etwa 100 verschiedene Typen mimt. Es bedarf einer Episode ohne jeden Dialog, in der er einen Kofferträger mit Hexenschuß spielt, damit „die Ulknudel von Adlershof“ ihr Potential zeigen kann. Auch wenn Heinz Rennhack selbst vom östlichen Humor spricht, der „verspielter“ sei, ist das nur eine schwache Entschuldigung für eine tempolose Sketchparade. Der blöd-niedliche Werbe-Reim des Ratgebers scheint Programm: „Es glättet sich so manche Woge, berät Sie Heinz, ihr Ratologe.“ Schade, daß Heinz es nur mit Stürmen im Wasserglas zu tun bekommt. Philip Kahle

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen