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Clinton übt Zurückhaltung in Somalia

■ Waren Somalis für den Tod von US-Soldaten in Mogadischu verantwortlich - und wenn ja, welche? Aidid weist Vorwürfe zurück, UNO spricht von "gezielter Aktion" / US-Diskussion über Truppenrückzug

Mogadischu/Washington (dpa/ wps/AP/taz) – Bereits am Sonntag abend schäumten die UNO-Verantwortlichen in Somalia: Der Tod von vier US-Soldaten, die am selben Tag auf eine Mine gefahren waren, sei ein „feiger“ Anschlag“, meinte UNO-Sonderbeauftragter Jonathan Howe. „Wir werden diese Terrorkampagne von General Aidid nicht dulden“, fügte er hinzu; die UNO werde „geeignete Maßnahmen“ ergreifen. US-Präsident Bill Clinton drohte gleichzeitig mit einer „angemessenen Reaktion“.

Gestern jedoch wurde die offizielle Sprache wieder deutlich unsicherer: Ob Clanführer General Aidid, der als Erzfeind der UNO in Somalia gilt, tatsächlich für den Anschlag verantwortlich war, wollte Clinton nicht bestätigen. Dafür gebe es keine Beweise, sagte er — und schwächte gleichzeitig seine vorherige Drohung ab: Wichtiger als eine „angemessene Reaktion“ sei es, die Sicherheit der bereits in Somalia stationierten Truppen zu gewährleisten. Als einzige US-Reaktion trafen gestern in Mogadischu 48 zusätzliche gepanzerte Fahrzeuge für eine Verstärkung der militärischen Patrouillenfahrten ein.

Was am Sonntag überhaupt genau passiert war, wurde im Laufe des gestrigen Tages immer unklarer. General Aidids Organisation „Somalische Nationalallianz“ (SNA), die zunächst von der UNO verantwortlich gemacht worden war, wies alle Vorwürfe weit von sich: „Die SNA ist absolut nicht in den Zwischenfall verwickelt, und wir bedauern sehr, was geschehen ist“, sagte Aidids Sprecher Hussein Dimbil und meinte, gewisse Personen wollten Zwietracht zwischen der SNA und den UN-Soldaten säen. „Wir sind zur Zusammenarbeit durch Dialog, nicht durch Kugeln bereit.“

UNO-Militärsprecher David Stockwell sagte gestern, die Soldaten seien überhaupt nicht von einer Mine getötet worden, sondern von einem „ferngesteuerten Sprengsatz“. Seine Einschätzung: „Das war eine gezielte und genau kontrollierte Aktion.“ Die in Deutschland ansässige „African Press Agency“ (APA) machte unter Berufung auf „somalische Fachleute“ schließlich gar eine Gruppe namens „Islamische Rettung“ – „eine neue starke Milizgruppe, die im Iran und im Sudan zur Stadtguerilla ausgebildet worden sei“ – für den Vorfall verantwortlich.

Die Verwirrung spiegelt die Unsicherheit über Charakter und Auswirkung der UNO-Mission in Somalia (UNOSOM II) wider, die in UNO- und US-Kreisen um sich greift. Anfang Oktober läuft das sechsmonatige Mandat von UNOSOM II formal aus und muß mit neuen Finanzzusagen über 1,5 Milliarden Dollar erneuert werden. US-Regierungsbeamte haben bereits durchsickern lassen, daß dies problematisch sein könnte, sollte die Sicherheitslage in Mogadischu dann noch immer so schwierig sein wie jetzt. Der republikanische Senator Robert Dole sagte, die USA müßten sich auf ihre Rolle bei der humanitären Mission besinnen und sich möglicherweise militärisch zurückziehen.

In Mogadischu blieb die Lage gestern nach UNO-Angaben „gespannt“. Am Morgen seien Raketen auf dem ehemaligen Universitätsgelände nahe des UNO-Hauptquartiers eingeschlagen; eine Patrouille von UNO-Soldaten aus Botswana sei beschossen worden. D.J.

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