: Knete für die Kleinen
■ Nichts für Kinderhände: In den beliebten Modelliermassen für Ohranhänger oder Broschen tummeln sich giftige Schwermetalle und vereinzelt PVC
Basteln mit Salzteig - das klingt doch nun wirklich harmlos. JedeR kann ihn selbst anrühren und braucht an Zutaten nur, was sowieso im Haushalt vorrätig ist. Für Kinder eignet sich die naturnahe Modelliermasse trotzdem nicht. Wenn sie verschluckt wird, wirkt das Salz giftig: Ein Eßlöffel Salz bereits kann ein Kind töten.
Auch andere Modelliermassen haben ihre Tücken. Ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit soll die europäische Norm EN 71 für Spielzeug garantieren. ÖKO-TEST hat 21 Knetmassen auf giftige Stoffe untersucht und sich dabei an den Grenzwerten dieser Norm orientiert. Allerdings war das Magazin in einem Punkt strenger: Das Prüfverfahren der Norm versucht zu simulieren, wieviel Chrom oder Quecksilber die Magensäure herauslöst, wenn ein Kind das Bastelmaterial verschluckt. Die Oeko-Tester wollten sich nicht darauf verlassen, daß Magen und Darm eines Kindes wirklich genauso funktionieren wie im Laborexperiment vorgesehen. Deshalb urteilen sie vorsichtshalber nach den Mengen, die in der Masse drin stecken und nicht nach dem, was theoretisch raus kommt.
So wurden elf Modelliermassen wegen Arsen, Blei und Chrom und anderen bedenklichen Bestandteilen um eine Stufe abgewertet. Da diese in der Natur vorkommen, können sie mit dem Ton oder anderen Gesteinen ins Bastelmaterial gelangen. „Wir können nicht jeden Sack untersuchen“, rechtfertigt sich Peter Hutzelmeyer, Chef des großen Modeliermassen-Herstellers Kolb.
Den Problemstoff der drei nicht empfehlenswerten Massen hat Kolb dagegen gemieden: „Mit PVC wollen wir nichts zu tun haben“. Der steckt in Fimo, dem bunten Lieblingsmaterial aller Frauen, die sich gern quietschgrüne Blätter als Ohranhänger basteln oder kleine Tennisschläger als Modebrosche. Für Kinder empfiehlt der Hersteller das Material nicht, denn die vorgeschriebene Temperatur beim Härten im Backofen darf nicht überschritten werden, sonst entstehen gesundheitsschädliche Salzsäuredämpfe. Doch der Nachwuchs bekommt das PVC-Zeug trotzdem in die Finger. „Kleine Fotorähmchen aus Fimo können schon Fünfjährige basteln“, schreibt etwa die bekannte Do-it-yourself-Autorin Katharina Zechlin in einem ihrer Bastel-Bücher.
Besser für Kinder sind Materialien, die als fertige Schildkröten und Schneemänner nicht im Ofen gehärtet werden müssen. Sogenannte dauerplastische Sorten bleiben weich, so daß sich die sieben Geißlein spielend zum bösen Wolf umformen lassen.Lufttrocknende Typen wie Keramiplast oder Efaplast werden zwar hart, mit Wasser lassen sich Skulpturen aus diesem Material jedoch wieder „einsumpfen“, knetbar machen. Und auch die abschließende Entsorgung ist bei einem Tonprodukt wie Keramiplast kein Problem. Peter Hutzelmeyer empfiehlt, das Produkt seines Hauses einzugraben.
Naturnähe macht wahrscheinlich auch den Reiz des Salzteigs aus - er hat Fimo als bevorzugtes Material der plastisch arbeitenden Hausfrau abgelöst. Türschilder, Kränze mit Rosen und dralle Bauernmädchen werden nun mit dieser Mischung aus Mehl, Salz, Wasser und Tapetenkleister gefertigt. Die Popularität der simplen Mischung hat die Industrie nicht ruhen lassen. Sie hat den Kunstsalzteig entwickelt, der sich ähnlich verarbeiten läßt, mit dem wirklichen aber nur den Namen gemeinsam hat. Tatsächlich besteht er aus Ton und Zellulose. Jochen Paulus
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