: Rummeln, bis die Bude kracht?
■ Marketing-Ideen für die Bremer Museen aus dem Kulturressort — und erste Kritik
Der Kunstverein als „das Elektroauto im Kunstverkehr“ — so stellte sich Jürgen Schweinebraden, damals Direktor der Hamburger Kunsthalle, die Rolle der privaten Kunstvereine vor, inmitten der rasenden Zirkulation des Kunstmarktes. In der Bremer Kunsthalle setzt er seine Vorstellung gerade in die Tat um: Die Ausstellung zum „Bremer Kunstpreis“ ist kaum spektakulär zu nennen, bringt ihre Inhalte eher in gemächlichem Tempo ans Publikum. Künftig könnte es dort, wie in den anderen Bremer Museen, etwas rasanter zugehen — darauf zielt ein neues „Marketing-Konzept“, mit dem das Kulturressort mehr Volk und mehr Geld in die Häuser bringen will. Genau in der Kunsthalle aber regt sich erster und sogleich heftiger Widerstand gegen eine geplante „Blockbuster“-Ausstellung der Stadt.
„Uns steht eine schwere Konfrontation mit der Stadt bevor“ — so vernahmen es die Festgäste bei der jüngsten Eröffnung in der Kunsthalle. Claus-Hermann Wencke, Vorstandsmitglied des Kunstvereins, richtete statt freundlicher Grußworte unerwartete Drohungen an die Stadt — genauer: an Gerd Schwandner, Staatsrat im Kulturressort. Der möchte eine erfolgversprechende Toulouse-Lautrec-Schau aus den Staaten nach Bremen holen. Im Herbst '94 könnte dann im „Forum Langenstraße“ die US-Show vorbildlich für volle Kassen sorgen; die Kunsthalle — so Schwandners Vorschlag — könne dann ja ihre eigene, vorzügliche Sammlung des populären Meisters zur gleichen Zeit präsentieren.
In der Kunsthalle aber fühlt man sich übergangen. „Wesentliche Blätter der Sammlung aus San Diego haben wir auch“, sagt Wencke. Auch als Ergänzung zum Kunsthallen-Bestand sei eine eigene Ausstellung der Stadt nicht denkbar: Der Staatsrat gehe „an das, womit wir unser Geld verdienen.“ Nach den Vorstellungen Schwanders könne „nichts mehr in der Stadt passieren, wo nicht Einnahmen gleich Ausgaben sind.“
Tatsächlich geht es Schwandner „nicht nur um die Blockbuster“, wie er beteuert; „auch Spezialitäten-Ausstellungen“ passen in sein Konzept für die Bremer Museumslandschaft. Basierend auf einem Grundsatz-Papier der Kultursenatorin (vgl. taz vom 28.8.), hat Schwandner die Idee eines übergreifenden Marketing-Konzepts für die Museen schon mal weitergedacht. Demnach könnte ein außenstehender Fachmann den Museumsleuten auf die Sprünge helfen — diese würden sich bislang „zu wenig und zu unspezifisch um ihre Kundschaft kümmern“. Der „Ehrgeiz, möglichst viele Besucher zu bekommen“, sei in Bremen noch „ein wenig unterentwickelt.“
So beschwört Schwandner die „Freizeitqualität“ der Museen, spricht von „Besuchermarketing“ und davon, „aktuelle Publikumsreize zu schaffen“ — und da klingt es dann doch wieder nach den „Blockbustern“ US-amerikanischer Bauart, die wohl Modell gestanden haben für die Ideen aus dem Kulturressort. Von den Qualitäten, die weniger kassenträchtige Ausstellungen besitzen könnten — kein Wort. Aber vielleicht bleibt den Museen diese Form des Marketings ja ohnedies erspart: Finanzieren will die Behörde alles aus den Mitteln des Investitions-Sonderprogramms für 1994; und daß die vom Kulturressort beantragten 200 Millionen Mark tatsächlich kommen — daran hat auch Schwandner seine Zweifel. tom
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen