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Daimler-Arbeiter wehren sich gegen Tarifniveau

■ Demonstration gegen Sozialabbau bei Mercedes / Daimler-Betriebe in Bremen sparen und entlassen

Etwa 7000 ArbeiterInnen des Daimler-Benz-Werkes in Hemelingen haben gestern gegen den geplanten Sozialabbau in ihrem Betrieb demonstriert. Die Aktion der IG Metall sollte vor der heutigen Betriebsversammlung Druck auf die Geschäftsleitung machen: Seit drei Wochen fordert nach Angaben des Betriebsrats Udo Richter die Chefetage die Senkung der übertariflichen Sozialleistungen auf die tariflichen Normen.

„Das Weihnachtsgeld soll von 120 Prozent auf 60 Prozent und damit Tarifniveau gesenkt werden, die Erholzeiten und individuellen Verteilzeiten für die Arbeit am Band sollen beschnitten werden“, sagt Richter. „Insgesamt soll das 200 Millionen einsparen.“

Die Demonstration war unabhängig von den Meldungen aus der Stuttgarter Konzernzentrale über eine Entlassungswelle geplant worden. Am Wochenende hatte Daimler-Chef Edzard Reuter angekündigt, sein Konzern werde in Deutschland 35.000 Arbeitsplätze abbauen. Für das Bremer Werk, das bereits bis Ende des Jahres von 16.000 auf 14.600 Beschäftigte abgespeckt hat, bedeuten diese Pläne eine Reuzierung um nochmals 800 Arbeitsplätze. Die Zusage, der Abbau sei sozialverträglich zu gestalten, sieht Richter in Frage gestellt: „Wer weiß, ob das morgen noch gilt.“ Die Betriebsleitung war zu einer Stellungnahme gestern nicht zu erreichen.

Zwar ist die Situation des Bremer Werkes gegenüber anderen Produktionsstätten noch gut; hier wird mit dem „C-Modell“ ein neuer kleiner Pkw produziert wird, der noch Marktchancen hat. Trotzdem fühlt sich die Belegschaft von der Betriebsleitung in die Zange genommen. Bereits vor dem Sommer sei klargewesen, so Richter, daß es in Bremen eine neue, dritte Baureihe für ein Mercedes-Pkw-Modell geben würde: Das sollte die Arbeitsplätze erhalten, die durch die Einstellung des Kombis überflüssig werden. Jetzt heiße es plötzlich, die Entscheidung über den Standort sei noch nicht gefallen, entscheiden werde der Gesamtvorstand. „Es gibt eine große Verunsicherung bei der Belegschaft und wir fühlen uns ziemlich verarscht.“

Insgesamt stehen auch dem Mercedes-Werk in Bremen trübe Zeiten bevor. Bis zum Jahr 1997/98 sollen nach Angaben des Betriebsrats 1,6 Milliarden Mark eingespart werden. Auch den anderen Betrieben des Daimler-Benz-Konzerns in Bremen steht das Wasser zumindest bis zur Brust: in den letzten Wochen haben sie alle Entlassungen angekündigt: 500 Jobs weniger bei der Airbus Gmbh, 250 bei ERNO (Deutsche Aerospace) und 200 Entlassungen bei den Lloyd Dynamowerken, die als Tochter der AEG zum Daimler-Konzern gehören.

Bernhard Pötter

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