Magersucht bei Röntgenmüller

■ Protest gegen geplanten Personalabbau bei Philips

Mit einer einstündigen spontanen Werksblockade haben gestern morgen mehrere hundert MitarbeiterInnen der Philips-Medizin-Technik/Röntgenmüller in Hamburg-Fuhlsbüttel gegen den drohenden Personalabbau protestiert. Der Leiter des IG Metall-Vertrauenskörpers, Wolfgang Grützner: „Wir wollen ein Signal setzen, daß wir nicht tatenlos zusehen, wie die Geschäftsleitung an ihrem Chrashkurs festhält.“

Der Medizinbetrieb an der Röntgenstraße ist ein Traditionsunternehmen. 1924 wurde die Röntgenfirma C.H.F. Müller offiziell von dem holländischen Elektro-Giganten Philips übernommen. Doch bis vor wenigen Jahren blieb der Traditionsname aus Imagegründen erhalten.

Der Elektro-Koloß ist inzwischen kräftig ins Wanken geraten. An mehreren Standorten wurde Personal abgebaut, Betriebsteile wurden geschlossen. Auch an der Philips-Medizintechnik ging die Krise nicht vorbei. 900 Arbeitsplätze sind bereits vernichtet worden, um Personalkosten zu sparen. Doch damit nicht genug: Nun plant das Unternehmen die Stillegung der Halbleiter-Produktion. 240 MitarbeiterInnen würden ihren Job verlieren. Mittelfristig sollen in dem Betrieb weitere 700 der derzeit noch 2400 Arbeitsplätze abgebaut werden.

„Um den Arbeitsplatzabbau der Belegschaft zu verkaufen“, so Wolfgang Grützner, „ist das Management beim Wortschöpfen durchaus kreativ“. Just in time, System-Architektur, Organisationsanpassung, Lean-Production – um nur einige Schlagworte zu nennen. Grützner: „Wenn es allerdings um Standortsicherung geht, fehlt dem Management die Kreativität.“ So seien teilweise Produktionen in andere Konzernbereiche ausgelagert oder an andere Betriebe fremdvergeben worden.

Auch in der Forschungsabteilung sei der Rotstift angesetzt worden, statt auf Innovation zu bauen. Vertrauensmann Grützner: „All das bedeutet Personalabbau, Personalabbau und nochmals Personalabbau.“

Der IG Metaller forderte daher die Geschäftsführung auf, umgehend den „Chrashkurs“ aufzugeben, keine Aufträge mehr auszulagern und den Forschungsbereich wieder zu intensivieren. Grützner: „Lean-Production heißt für mich nicht schmale Produktion, sondern Magersucht.“

Grützner weiter: „Wir sind nicht bereit, uns dem von der Geschäftsleitung vorgesehenen Schicksal zu beugen. Diese Belegschaft wird um ihre Arbeitsplätze kämpfen.“ So ist für die nächste Vorstandssitzung im kommenden Monat eine Großdemo während der Arbeitszeit vor der Philips-Zentrale am Steindamm geplant.

Kai von Appen