Sanssouci
: Vorschlag

■ Iggy Pop in Huxley's Neuer Welt, Tar im Huxley's Junior

Mal angenommen, da käme ein 46jähriger namens James Osterberg, spielte relativ durchschnittlichen Rock'n'Roll, legte bei jeder Gelegenheit seine Oberbekleidung ab, sänge zum tausendsten Mal „Louie Louie“, erzählte einen vom gesunden Leben und sähe einen dabei durch seine viel zu langen und zu dünnen Haare hager an. Der Mann wäre ziemlich lächerlich, hätte er nicht zufällig den Künstlernamen Iggy Pop und könnte sich solche Possen leisten.

Wären da nicht die alten Geschichten von der mit Flaschenscherben blutig gekratzten Brust, von dem kochenden Wasser über die Hose, wären da nicht die Entziehungskuren und Heilanstalten, wäre nicht die Verbindung zu John Cale und die schützende Hand von David Bowie, wäre da nicht „Now I Wanna Be Your Dog“ und ein halbes Dutzend andere Klassiker und wäre das nicht gerade knapp zehn Jahre nach den Stooges Punk passiert, Mister Osterberg wäre ein schlichtes Häuflein Elend – und das würde niemandem überhaupt großartig auffallen. Aber Iggy Pop ist halt Iggy Pop. Er hat einfach den Weg gefunden, sein finanzielles wie künstlerisches Auskommen zu haben, ohne je wirklich zu den Reichen und Schönen zu gehören. Das macht ihn so wertvoll.

(Und jetzt der Übergang! Obacht!) Jetzt stellen Sie sich doch bitte noch vor, daß vier halbwegs junge Männer aus Chicago unter dem überaus passenden Namen Tar nach den Grenzen der Monotonie suchen. Man bleibt drin stecken wie im Teer, der der Band den Namen gab. Das würde auch niemanden interessieren. Aber, aber: Tar waren einmal auf „Amphetamine Reptile“ und wurden mal von Steve Albini produziert. Jetzt kommen zwar noch nicht so viele wie zu Iggy, aber ein paar mehr doch. Jetzt stellen sie sich weiter vor, daß Tar die beste lebende Rockband sind. Jedenfalls in dem Bereich, den sie als Rock definieren. Eben sehr einfach, sehr hart, sehr monoton, ohne Soli, ohne irgendwas, einfach nur Rock eben... oder so. Ist trotzdem kein Industrial. Ist halt Tar. Ist so eigen, weil es eben kein Stück innovativ sein will. Mehr ein Pressen, ein paar wenige Töne, die raus wollen. Weil sie so lange drinnen waren, sind sie um so böser. Scheiße, jetzt geht wieder keiner hin... Thomas Winkler

Tar am 27.11. um 21 Uhr im Huxley's Junior, Iggy Pop am 28. und 29.11. um 20 Uhr in Huxley's Neuer Welt, beides Hasenheide 108-114, Kreuzberg