: AEG-Bahnsysteme nach Tschechien
■ AEG-Konzern plant laut IG Metall die Verlagerung von Anlagenteilen aus dem Spandauer Bahnwerk ins Ausland
Die Industriegewerkschaft Metall (IGM) zweifelt an den Versprechungen der AEG, den Schienenbereich in Berlin und Brandenburg langfristig zu sichern. Nach Angaben der Gewerkschaft verdichteten sich in letzter Zeit Informationen, wonach bereits zum 1. Januar nächsten Jahres mit dem tschechischen Staatsunternehmen CKD ein Gemeinschaftsunternehmen gebildet werden soll. Geplant sei offenbar, den Motorenbau von Spandau an einen neuen Standort in der Nähe von Prag zu verlagern. Gedacht wird laut IG Metall auch an einen Abtransport von Anlageteilen des Berliner Werks „AEG- Westinghouse-Transportsysteme“ an den neuen tschechischen Standort.
Die AEG-Konzernspitze hatte jüngst verkündet, das Spandauer Werk für Schienenfahrzeuge an der Nonnendammallee bis 1994 zu schließen und rund die Hälfte der 1.450 Arbeitsplätze an den Standort Hennigsdorf zu verlagern. Im Brandenburger AEG-Werk sollen ebenfalls 900 Beschäftigte entlassen werden.
Als „Sterben auf Raten“ bezeichnete gestern der 1. Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltungsstelle Berlin, Manfred Foede, das vom AEG-Bahnen-Vorstand vorgelegte Unternehmenskonzept. Dafür spreche auch, daß das Spandauer Unternehmen in Hennigsdorf bloß in angemieteten Büroräumen untergebracht werden soll. Dies sei ein weiteres Indiz dafür, daß die neuen Strategieüberlegungen von AEG für den Schienenbereich sich mehr und mehr als „Phrase“ entpuppten, so Foede weiter.
Nach vorsichtigen Schätzungen der IG Metall gehen für jeden bei AEG vernichteten Arbeitsplatz drei weitere in Zuliefererbetrieben verloren. Erneuert wurde daher die Forderung, die beiden Werke in Berlin und Brandenburg zu erhalten. In keiner anderen Region sei im Bereich des Nahverkehrs mit einem derartigen Boom in den nächsten Jahren zu rechnen, sagte Foede.
Kritik äußerten die Gewerkschaftsvertreter auch an der Informationspolitik des Konzerns. So seien weder dem Betriebsrat noch dem Wirtschaftsausschuß der AEG Aktiengesellschaft konkrete Daten vorgelegt worden, auf deren Grundlage das jüngste Unternehmenskonzept erarbeitet wurde. Dies sei eine „eklatante Verletzung des Betriebsverfassungsgesetzes“, erklärte der 1. Bevollmächtigte der IG-Metall-Verwaltungsstelle in Oranienburg, Philipp Becker. Die Gewerkschaft erneuerte ihren Appell an die Landesregierungen in Berlin und Brandenburg, öffentliche Aufträge zum Erhalt der Standorte vorzuziehen. Bereits bestehende Aufträge müßten nur erweitert werden, ohne daß seit diesem Jahr geltendes EG- Recht verletzt werde, versicherte Foede. Nach dem neuen EG-Wettbewerbsrecht müssen neue Aufträge an regionale Unternehmen auch europaweit ausgeschrieben werden (siehe auch taz vom 1.12.). Severin Weiland
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