: Rushdie weiter bedroht
■ Iran fordert Vollstreckung der Fatwa
Teheran/Berlin (AP/AFP/taz) – Salman Rushdie muß weiter um sein Leben bangen. Zum fünften Jahrestag der von Ajatollah Chomeini gegen den Autor der „Satanischen Verse“ verhängten Fatwa bekräftigte die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna den Mordaufruf. In einer am Montag verbreiteten Erklärung heißt es: „Das Todesurteil muß vollstreckt werden.“
Chomeini hatte am 14. Feburuar 1989 ein Kopfgeld auf Rushdie ausgesetzt, da dessen Roman für Muslime gotteslästerlich sei. Rushdie muß sich seitdem vor von der iranischen Führung beauftragten Mördern verstecken. In der Irna-Erklärung heißt es: „Nach göttlichem Gesetz erwartet einen Abtrünnigen wie Rushdie, der in eine muslimische Familie hineingeboren wurde, das Todesurteil wegen Lästerung des Propheten und der Werte, die den Muslimen in aller Welt heilig sind.“ Rushdie könne diesem Schicksal auch nicht entgehen, wenn er bereue. Denn „in einem solchen Fall“ könne „Reue nur der göttlichen Erbarmung im Leben nach dem Tod dienen“. Unter westlichen Politikern und Geschäftsleuten wird seit dem Tode Chomeinis im Sommer 1989 darüber philosophiert, zumindest Teile der iranischen Führung wollten nicht mehr an der Fatwa festhalten.
Der britische Premierminister John Major hatte am Montag die iranische Führung gewarnt, wenn sie an dem Mordaufruf festhalte, könne sie keine „freundschaftlichen Beziehungen“ zum Rest der Welt haben. Irna quittierte diese Äußerung und andere ausländische Kritik mit der Bemerkung, „westliche Unterstützung für einen verurteilten Abgefallenen“ werde als „Verhöhnung der gerechtfertigten Forderung von einer Milliarde Muslimen“ betrachtet. „Die Muslime werden diese Beleidigung nicht vergessen.“
Die Irna-Erklärung wurde wenige Tage nach den Feierlichkeiten zum 15. Jahrestag der iranischen Revolution verbreitet. Die Jubelfeiern waren von der katastrophalen wirtschaftlichen Lage des Landes und Protestdemonstrationen in der Provinz Belutschistan überschattet worden. Während einer Gedenkveranstaltung am Chomeini-Mausoleum war auf den iranischen Staatschef Ali Haschemi Rafsandschani geschossen worden. Der im Ausland als „Pragmatiker“ gehandelte Staatschef blieb unverletzt.
Am Montag wurde Rafsandschanis Bruder Muhammad zum stellvertretenden Außenminister ernannt. Wenige Tage zuvor war er von seiner bisherigen Position als Chef des iranischen Rundfunks verdrängt worden. Den einflußreichen Posten bekam der frühere Minister für Kultur und Islamische Führung, Ali Laridschani. Er gilt als Protegé des religiösen Leiters Irans und Rafsandschani-Rivalen Ali Chamenei.
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