Purzel im Lorbeerwald

■ Huckepack-Service für Haustiere: Warum es ein Unglück ist, daß Katzen und Hunde mit auf die Sonneninseln dürfen

Glück, also echtes, tiefes und käufliches Glück, setzt sich bekanntlich aus folgenden Komponenten zusammen: Sonne, Mandelblütenduft, türkiser Ozean, Rotwein vom dorfeigenen Winzer, winkende Palmwedel, fleißige und doch freundliche Insulaner und abendliches Kläffen einheimischer Tölen. Unglück dagegen ist, wenn sich in den Chor der Köter ein Mißklang mischt: Der Rauhhaardackel aus Appartement 12 schräg oben bellt mit.

Ein abgelegener Weg aus bröselndem Lavagestein, wilde Tomaten, überwältigender Mandarinenduft und schillernde Echsen auf ihren unerforschlichen Wegen. „Isses ein Rüde?“ gellt da der Entsetzensschrei einer überwinternden Rentnerin, die ihren Purzel vorsichtshalber auf den Arm genommen hat. „Fuß, Bennie!“ kommt Herrchens hastige Antwort.

Es sind immer Stürze aus dem Paradies. Wo der instinktgetriebene Vierbeiner auftaucht, reproduziert er die Verhältnisse seines Herkunftslandes im Nu und macht ganze Unesco-geschützte Lorbeerwälder zum Bremer Bürgerpark („Hol Stöckchen!“). Alles, was man im Urlaub vergessen wollte, ist wieder da, so was schaffen nicht einmal hundert „Sauerkraut“ schreiende Neckermänner. Der putzige Rauhhaardackel verändert das Klima. Man bekommt einen Sonnenstich und muß doch an Eisregen denken.

Condor, LTU und Konsorten: die ersten Musterprozesse wegen entgangener Urlaubsfreude rollen auf Euch zu! Ganzseitige Inserate im Reiseteil bunter Magazine werben derzeit für den „Huckepack- Service“ ins Urlaubsparadies: Die kleinen Lieblinge kommen auf dem Schoß mit, „statt allein zu Hause zu bleiben“. „Haustiere“, behauptet Condor, „sind an Bord willkommen!“

Fragen Sie mal einen Katzenallergiker! Bis zu sechs Katzen (oder kleinere Hunde) dürfen in der Boeing 757 in der Fahrgastkabine mitgenommen werden, acht weitere beim Gepäck im „Tiercompartment“. Selbstredend harren die Kleinen (bis fünf Kilo), die in der Fahrgastkabine transportiert werden dürfen, in einem den ganzen Flug verschlossenen Behältnis. Sagt die Theorie. Die Praxis dagegen sagt, daß das Schmusetier hin- und hergereicht wird und sich Horden von Kindern mit „Oh süüüß“ auf Kätzchen und Hundilein stürzen. Derweil röchelt der Allergiker in seinem Polster.

Nichts gegen Hunde und Katzen! Hunde sind dazu da, Diebe anzubellen und Vollmonde. Katzen fressen Eidechsen, die dem Inselbauern die zarten Gemüsesetzlinge abnagen. So soll es sein. Urlaubshunde dagegen kacken die Strände voll. Urlaubskatzen machen ganze Appartements für Allergiker unbewohnbar.

Wer sich aber umsieht in der Welt nach den letzten Urlaubsparadiesen, die diesen Namen auch verdienen, für den wird die Auswahl knapp: Die Malediven immerhin gestatten keine Einreise von Hunden. Keinerlei Tierimport dulden Kuba, die Bahamas, Costa Rica und Zypern. Weil, wenn sie entscheiden könnten, weder Lupus noch Samson in den sonnigen Süden fliegen würden, handelt es sich hier um Urlaubsziele, die sich jeder echte Tierfreund merken sollte! Burkhard Strassmann