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„Vernichtungshilfe“

■ Heftige Kritik an Waffenlieferungen

Berlin (taz/AP) – Die Entscheidung der Bundesregierung, die Türkei wieder mit deutscher Waffenhilfe auszustatten, hat heftige Proteste ausgelöst. Oppositionspolitiker, Menschenrechtsorganisationen und Friedensgruppen bezeichnen die Wiederaufnahme der Waffenlieferungen als skandalös. Außenminister Klaus Kinkel hatte die Wiederaufnahme der Waffenlieferungen am Mittwoch mit „mangelnder Beweiskraft“ der vorgelegten Bilddokumente von Menschenrechtsorganisationen über den Einsatz deutscher Panzer und Militärfahrzeuge gegen Kurden begründet. Gestoppt worden war die vereinbarte Nato-Ausrüstungshilfe für die Türkei nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe am 7. April.

Die Friedensgruppen, die die Fotos aus Kurdistan vorgelegt hatten, teilten mit, daß sie vom Auswärtigen Amt gefragt worden seien, ob auf ihren Fotos „geschossen wird“. Sie verurteilten eine Politik, „die von den Opfern und ihren VertreterInnen Tatfotos verlangt, statt selbständig zu ermitteln und zu prüfen“. Kinkel leiste „Beihilfe zur ethnischen Vernichtung der KurdInnen“.

Der Bonner Verband der Vereine aus Kurdistan betonte, daß die Bundesrepublik der Türkei seit 1985 Waffen im Wert von fast 4 Milliarden Mark geschenkt habe. Damit trage sie erhebliche Verantwortung für den gegen das kurdische Volk geführten Krieg.

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Karsten Voigt, meinte, die deutsch-türkischen Beziehungen brauchten nicht mehr Waffen, sondern mehr Einsatz für Menschenrechte. Die grüne Bundestagsabgeordnete Vera Wollenberger warf der Bundesregierung „Täuschung der Öffentlichkeit“ vor. Angelika Beer vom Bundesvorstand der Grünen sprach davon, daß „Klaus Kinkel auf allen Ebenen die Ausrottungspolitik der türkischen Regierung gegen die Kurden unterstützt“.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker teilte mit, es sei typisch, daß das Auswärtige Amt keine unabhängigen Experten mit der Überprüfung der Bilder und Videoaufnahmen beauftragt habe, sondern das Verteidigungsministerium.

Die prokurdische Zeitung Özgür Ülke meldete, daß der militärische Aufmarsch in Kurdistan weitergehe, deutsche Waffen jedoch in Kreisstädte zurückgezogen und dort getarnt würden. kotte

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