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Neonazis wollen in Münchner Stadtrat

Auf der NPD-Liste für die Münchner Stadtratswahlen kandidiert ein Sammelsurium von Alt- und Neonazis / Wahlausschuß lehnt Antrag der Grünen auf Ausschluß der Liste ab  ■ Von Bernd Siegler

München (taz) – Bundesweit bekannte Rechtsextremisten und Mitglieder verbotener neonazistischer Organisationen tummeln sich auf der Liste der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) für die Münchener Stadtratswahl am 12. Juni. Doch ein Versuch von Bündnis 90/ Die Grünen, die NPD-Liste nicht zur Wahl zuzulassen, schlug fehl. Der Wahlausschuß genehmigte mit den Stimmen von SPD, CSU und „Republikanern“ die Kandidatur der NPD-Liste. Lediglich der Zusatz „Vereinigte Rechte“ wurde der NPD untersagt – ein Zusatz, der die Zusammensetzung der Kandidatenschar exakt trifft. Unter dem Deckmantel der NPD kandidiert beispielsweise Bela Ewald Althans, einer der Hauptprotagonisten der Auschwitz-Lüge. Althans, Hauptdarsteller des umstrittenen Dokumentarfilms „Beruf: Neonazi“, arbeitet eng mit dem Deutschkanadier Ernst Zündel und nahezu allen führenden Köpfen des bundesdeutschen Rechtsextremismus zusammen. Drei Jahre lang mußte er sich vor dem Stuttgarter Landgericht wegen Fortführung der 1983 verbotenen „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ verantworten, bevor das Mammutverfahren wegen Erkrankung einer Schöffin platzte. Bevor die Stadt München ihm ein Gewerbeverbot auferlegte, nutzte Althans seinen Buchladen in der Herzog-Heinrich-Straße als Anlaufstation.

Althans' Geschäftsführer Stephan Wiesel findet sich ebenso auf der NPD-Liste wie Fred Eichner, Vorsitzender des verbotenen „Nationalen Blocks“. Eichner war vorher „Gauleiter-Süd“ der „Freiheitlich Deutschen Arbeiterpartei“, gegen die Bundesinnenminister Kanther beim Bundesverfassungsgericht ein Verbot beantragt hat. Während Eichners Mutter auf der Liste der Reps kandidiert, darf Eichners Bodyguard Manfred Geith auf der Sammelliste des Münchner Rechtsextremismus ebensowenig fehlen wie Diplom- Ingenieur Andreas Thoben, der für die Reps im Bezirksausschuß 3 (Maxvorstadt) saß. Thobens Spezialität war es, in T-Shirts mit Aufdrucken wie „wg. Auschwitz Leute freßt Scheiße! Milliarden Fliegen können nicht irren!“, oder „Holocaust Hollywood Hollyschutt“ aufzutreten. Das war selbst den Reps zu viel. Sie beantragten ein Parteiausschlußverfahren.

„Ein Gemeindewahlgesetz, das Neonazis wie Ewald Althans zur Wahl zuläßt, ist dringend reformbedürftig“, begründete der grüne Vertreter im Wahlausschuß, Markus Viellvoye, seinen Antrag auf Nichtzulassung der NPD-Liste. Die Mehrheit des Wahlausschusses sah jedoch in voller Übereinstimmung mit dem bayerischen Innenministerium keine Handhabe. „Mitgliedern und Funktionären von verbotenen Vereinigungen ist eine weitere politische Betätigung nicht generell untersagt“, betonte Innenminister Beckstein. Sie müßten in neuen Gruppierungen erst wieder „relevant auffallen“. Genau das tun aber die meisten Kandidaten, argumentieren die Grünen und wollen notfalls den Ausschluß der NPD-Liste gerichtlich erzwingen.

Der Wahlausschuß versagt nur einer Liste die Zulassung für die Stadtratswahl. Die „Nagelneue Liste“, eine Gruppe von Münchner Jugendlichen, schaffte es nicht, rechtzeitig die erforderlichen 320 Unterstützer-Unterschriften beizubringen.

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