: Kunstraum statt Stadtraum
■ Wettbewerb Lustgarten: Der Künstler Gerhard Merz riegelt mit einem Flachbau das Alte Museum von der Stadt ab
Einem der herausragenden Berliner Stadträume, dem Lustgarten am Alten Museum, steht die Verwandlung durch Einmauerung bevor. Der große öffentliche Raum, der seit den 30er Jahren mehrfach durch radikale Eingriffe seiner ursprünglichen Form beraubt wurde, soll nach den Plänen des Kölner Künstlers Gerhard Merz und des Architekten Oswald Mathias Ungers (Köln) verändert werden. Dabei ist vorgesehen, den Steinplatz in seinen Dimensionen und Flächenstrukturen neu zu ordnen. Zugleich sieht die Merz/Ungers-Idee eine andere Funktion für den Ort vor: Der traditionelle Stadtraum soll sich zu einem abgeriegelten Kunstraum wandeln.
Die beiden als Sieger aus einem Bauwettbewerb der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hervorgegangenen Kölner entwarfen einen schnittigen, 87 Meter langen und 7,25 Meter tiefen Flachbau (siehe Abbildung links Nr. 2) als „Eingangstor“ zum Lustgarten. Der rund 4 Meter hohe Pavillon gegenüber Schinkels Altem Museum (1), erläuterte Gerhard Merz gestern, sei in drei Teile gegliedert. „Der linke und rechte Teil bestehen aus je einem verglasten Raum, in dem auf einer Betonwand monochrome Fresken errichtet werden.“ Zwischen den „Vitrinen“ führen Merz und Ungers eine 30 Meter breite Treppenanlage hindurch. In der Platzmitte soll ein Plattenweg verlaufen, den Rasenstreifen säumen. Auf der Spree- sowie der Domseite (3) flankieren Baumreihen den begrenzten Raum, erläuterte Merz.
Ausschlaggebend für das Preisgericht sei gewesen, sagte Jurymitglied Hannelore Kossel, daß die geplante Umgestaltung des 1828 von Karl Friedrich Schinkel angelegten Stadtraums gegenüber dem einstigen Schloß (4) dem Lustgarten eine klare und zugleich neue Bedeutung geben werde. Diese setze sich auf moderne Art mit dem früheren Maßstab und der klassizistischen Architektur auseinander.
Der Wettbewerb war unter 14 Teams Anfang des Jahres ausgelobt worden, um dem „Fragment Lustgarten“ wieder die „Schlüsselposition“ unter den öffentlichen Räumen in der Stadtmitte zurückzugeben, sagte Stadtentwicklungssenator Hassemer. Der bis 1935 zum Teil begrünte Platz war in der Nazizeit zu einem gepflasterten Versammlungs- und Aufmarschplatz umgestaltet worden. Nach dem Krieg behielt der Ostberliner Magistrat den Steinplatz bei.
Einen abriegelnden Charakter des Flachbaus sehen Merz und Hassemer nicht. Die Wirkung des weiten Platzraums bleibe erhalten, sagte Hassemer. Nur wer direkt vor dem Pavillon stehe, „sieht vom Alten Museum nichts“. Der Merz- Bau spiele zudem die Rolle eines „vermittelnden Gelenks“ zwischen Altem Museum und den Bauten jenseits der Karl-Liebknecht-Straße. Die Funktion des Platzes, räumte Hassemer ein, werde sich hingegen verändern. Der Lustgarten werde „kein primärer Versammlungsplatz“, sondern würde wieder durch das Museum und die Spree definiert. Er rechnet mit einer zwei Jahre dauernden Bauzeit für das insgesamt 18 Millionen Mark teure Unternehmen. Rolf Lautenschläger
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