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Der GSG-9-Beamte Nr. 3 steht unter Mordverdacht

■ Anzeige gegen Beamte wegen Bad Kleinen

Wiesbaden (taz/AP) – Die Eltern des in Bad Kleinen erschossenen RAF-Mitgliedes Wolfgang Grams haben über ihre Anwälte Strafantrag wegen Mordverdachts gegen drei GSG-9-Beamte gestellt. Unter Berufung auf ein neues gerichtsmedizinisches Gutachten des Rechtsmediziners Wolfgang Bonte legten sie zudem Beschwerde gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen zwei GSG-9- Beamte ein. Das erklärten gestern ihre Rechtsanwälte Groß und Kieseritzky. Während die Staatsanwaltschaft bei der Einstellung im Januar von Selbstmord ausgegangen ist, kann nach Bontes Auffassung eine „Fremdtötung“ nicht ausgeschlossen werden.

Neu und in eklatantem Widerspruch zu dem Ermittlungsergebnis der Behörde ist an dem Gutachten, daß Grams die Waffe danach nachweislich mit einem entsprechenden Handgriff entwunden worden ist. Dies habe die Untersuchung einer Hautrötung oder -abschürfung an der rechten Hand des Toten eindeutig ergeben, sagte der Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Düsseldorf.

Groß und Kieseritzky sind sich nach einer Befragung aller erreichbaren Zeugen „relativ sicher“, daß der Todesschütze von Bad Kleinen der GSG-9-Beamte mit der Bezeichnung Nr. 3 gewesen sein müsse. Nach ihren Recherchen sei Nr. 3 in wenigen Sekunden als erster bei Grams gewesen. Nr. 3 sei im Anschluß an das Geschehen von der Einsatzleitung sofort abgezogen und danach psychologisch betreut worden. Bei einer Konfrontation mit der von zwei GSG-9-Beamten gesicherten Birgit Hogefeld sei Nr. 3 kurz Amok gelaufen. Gegen die Beamten mit den Nummern 2 und 7 haben die Anwälte Strafanzeige erstattet, weil diese Tatzeugen gewesen seien und die Erschießung nicht verhindert hätten.

Nach der bisherigen offiziellen Lesart fiel Grams bei der desaströsen Polizeiaktion vor knapp einem Jahr die Waffe aus der Hand, nachdem er sich damit erschossen hatte. Nach den neuen Erkenntnissen müssen ihn Beamte berührt haben, obwohl sie bislang behauptet haben, nicht näher als 1,50 Meter an ihn herangekommen zu sein. Bei dem Polizeieinsatz am 27. Juni letzten Jahres sind Grams und der GSG-9- Beamte Michael Newrzella erschossen worden. Das RAF-Mitglied Birgit Hogefeld wurde verhaftet. Gegen sie wurde inzwischen Anklage erhoben. Seiten 4 und 10

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