: Fällt Heckelmann?
■ Führende SPD-Politiker greifen Innensenator an / Fraktionssprecher der Partei spielt vertrauliches Papier herunter
Vor dem Hintergrund des Skandals um seinen Sprecher ist CDU- Innensenator Dieter Heckelmann von führenden Berliner SPD-Politikern scharf angegriffen worden. In einem mehr als zehnseitigen vertraulichen Papier mit dem Titel „Bilanz der Arbeit des Innensenators“ wird Heckelmann als „durch und durch konservativer, ja reaktionärer Mann“ beschrieben. Bei der Verwaltungsreform sei er untätig gewesen. Es sei „nicht übertrieben“, heißt es in dem Papier, „wenn man behauptet, daß Senator Heckelmann zu dieser Reform nachgerade gepeitscht werden mußte. Er selbst weiß auch heute noch nicht, was Verwaltungsreform meint ...“ Außerdem werden dem Innensator eine verfehlte Personalpolitik sowie Versagen bei der Bekämpfung der Regierungskriminalität vorgeworfen.
Der Pressesprecher der SPD- Fraktion im Abgeordnetenhaus, Peter Stadtmüller, versucht dieses Dokument herunterzuspielen. Es handele sich dabei um ein „nicht abgestimmtes und autorisiertes Papier“ des innenpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Hans- Georg Lorenz. Es zeige lediglich die „Fleißarbeit“ des Abgeordneten, auch wenn die SPD dem Inhalt nicht widerspreche. Das Papier sei aber keineswegs eine Kampfansage an Heckelmann. Stadtmüller möchte die Kritik am Innensenator auch nicht mit den aktuellen Vorwürfen vermischt sehen, daß dessen Sprecher Bonfert Umgang mit rechtsradikalen Kreisen pflegte und Heckelmann dies wußte, ohne Konsequenzen zu ziehen. Offensichtlich möchte die SPD Heckelmann „nur“ über die aktuelle Affäre aus dem Amt stolpern lassen – wenn überhaupt –, um nicht mit einer generellen Kritik an seiner Amtsführung einen offenen Streit in der Großen Koalition zu riskieren.
Aus einem Schreiben der Polizei, das dpa gestern bekannt wurde, geht hervor, daß neben Bonfert zahlreiche Prominente in Berlin an einer monatlichen Gesprächsrunde teilgenommen haben, die von einem Mitglied der rechtsradikalen Partei „Die Republikaner“ organisiert wurde. Demnach hatte der „Republikaner“- Aktivist Hans-Ulrich Pieper für seine monatlichen Treffen unter dem Titel „Dienstaggespräche“ zahlreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Medien als Referenten und Zuhörer gewonnen, unter ihnen FPÖ-Chef Haider, den Ex-Präsidenten der Hamburger Landeszentralbank Nölling und den Vorsitzenden des Bundes Freier Bürger, Brunner. Bei einem Vortrag waren auch der ehemalige Generalbundesanwalt von Stahl sowie Tilman Fichter von der Ebert-Stiftung der SPD anwesend. Aus dem Papier geht nicht hervor, ob alle Teilnehmer wußten, daß der Veranstalter Mitglied der „Republikaner“ ist.
Der Innenausschuß wird sich heute auf einer Sondersitzung mit dem Fall Bonfert und der Haltung Heckelmanns dazu befassen. Bonfert hat inzwischen bis zur Aufklärung der Vorgänge darauf verzichtet, sein Amt weiter auszuüben. jkö
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