: Gift in kleinen Dosen
■ Die Wirkstoffe von Holzschutzmitteln vergiften nicht nur Schädlinge / Dabei sind die Mixturen meistens gar nicht nötig - Wachsen tut's auch
Holzschutzmittel können krank machen. Das befand das Landgericht Frankfurt am Main Anfang diesen Jahres in einem Strafprozeß gegen diverse Hersteller. Die Gifte Pentachlorphenol (PCP) und Lindan, um deren Innenanwendung es ging, sind in den 40 von ÖKO-TEST geprüften Holzschutzmitteln zwar nicht enthalten, wie jetzt eine Untersuchung des Frankfurter Verbrauchermagazins ergab. Das heißt jedoch noch lange nicht, daß damit alle Mittel unproblematisch wären.
Eher im Gegenteil: Nur fünf Produkte kann ÖKO-TEST empfehlen: Aglaia Holz-Imprägniergrund (Beck'sche Farbwerke), Auro Borsalz-Holzschutzimprägnierung, Biofa Borax-Holzschutzimprägnierung, Hesedorfer Holzschutz-Imprägniersalz, Livos Andrastos Borsalz. Sie wirken mit relativ harmlosen Bor-Verbindungen, kommen ohne schädliche Lösemittel aus und sind umweltfreundlich verpackt.
27 Mittel aber sind „nicht empfehlenswert“. In ihnen stecken zum Beispiel Carbamate und Tributylzinn, die im Verdacht stehen, Gesundheitsschäden hervorzurufen. Die meisten Mittel enthalten halogenorganische Verbindungen, zu denen auch PCP und Lindan zählen.
„Mittel mit halogenorganischen Verbindungen sind absolut abzulehnen“, sagt der Chemiker Gerd Schneider, Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft der Holzschutzmittelgeschädigten (IHG). „Die Wirkstoffe bleiben nicht im Holz, sondern diffundieren wieder hinaus. Im Körper des Menschen reichern sie sich auf Dauer an und wirken speziell auf das Immun- und das Nervensystem.“ Insgesamt sei von den Stoffen allerdings „mehr unbekannt als bekannt“, fügt er hinzu.
Viele Hersteller preisen ihre Mittel für Innenräume an, wo sie täglich stundenlang auf die Menschen einwirken. Und das, obwohl die Gefahren speziell der Innenraum-Anwendung schon seit zehn Jahren bekannt sind. Dabei geht es innen auch mit konstruktivem statt chemischem Holzschutz: Das Holz wird durch Luftzufuhr und Abdeckung vor Feuchtigkeit geschützt. Nicht einmal Badezimmer müssen dann noch chemisch behandelt werden.
Anders sieht es bei tragenden Bauteilen aus und im Freien. Hier empfehlen kritische Chemiker Salze. Dabei wird das Holz mit Zink- oder Bor-Salzen behandelt. Sie sind zwar für die Gesundheit des Menschen nicht unbedenklich, verdunsten aber nicht.
Da Bor sehr leicht ausgewaschen wird, muß man das Holz zusätzlich behandeln. Gerd Schneider von der Interessengemeinschaft der Holzschutzmittelgeschädigten empfiehlt Hartwachs. Er hält die Kombination Borsalz plus Hartwachs auch für Spielgeräte, die im Freien stehen, für geeignet.
Wo Salze in Wasser gelöst angeboten werden, sind keine weiteren Lösemittel enthalten. Das ist gut so. Denn organische Lösemittel sind gesundheitsschädlich, besonders für die Nerven. Alle Produkte mit solchen Lösemitteln hat ÖKO-TEST deshalb abgewertet. Und auch Mittel, die PVC im Dichtlack enthalten, wurden aussortiert. Zwar behauptet die Industrie, der Kunststoff sei zur Sicherheit des Produktes nötig. Doch ÖKO-TEST kaufte auch Dosen ohne den Umweltschadstoff ein.
Stefan Becker
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