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Black & White – Geschichten aus dem neuen Südafrika Von Bartl Grill

Nur noch ein einziges Mal, okay? Also: WM-Endspiel im Nelson- Mandela-Stadion zu Orange Grove (alles wird hier dem Madiba geweiht: die Briefmarke, der Schlüsselanhänger, die ANC- Ikone in der Küche. Nur im Inkatha-Land nicht. Dort heißt alles Buthelezi, vom Oberhäuptling bis zum Flughafen). Die Arena zieht sich von der Zweiten bis hinunter zur Achten Avenue. An diesem balldamischen Tag wurde unser multikulturelles Viertel zur reinsten Monokultur, besonders oben an der Zwoten/Ecke Louis Botha.

Zwischen dem „La Strada“, wo es die schlechtesten Spaghetti der Stadt gibt, Lia Viaggi (Büro für Heimreisen nach Roma) und Europa Delicatessen (Milanese) stand sie johlend und hupend und fahnenschwingend: die italo-afrikanische Jugend. Kein Zulu, keine Britin, kein Inder, keine Xhosa zu sehen. Das ganze Viertel in der Hand von bella Italia.

Sechs Querstraßen weiter, vor der Radium Beer Hall, das Gegenbild: eine Fahne aus Rio, ein paar schüchterne Trommeln, die kleine Gemeinde der Brasilo-Afrikaner. Um 21.35 Uhr beginnt, was die Frühausgabe des Star in einem poetischen Morgenanfall „The tale of two restaurants“ nennt. Anstoß. 90 Minuten Langeweile. Abpfiff. Vor dem La Strada wirft sich ein Mädchen in Rita-Pavone-Pose und ächzt: „Ah, wenn ich morgen nicht auftauche, wißt ihr, daß ich mich umgebracht habe!“ In der Radium Beer Hall rät Miguel Teixeira: „Wenn du Tränen sehen willst, geh zu den Italienern. Wenn du ein Fest haben willst, bleib hier.“

Teixeira sollte richtig liegen. Verlängerung. Elferschießen. Der Rest – Roberto Baggios Verwandlung in den Hoeness der Toskana – ist Tragödie. Oben, vor dem La Strada, tragen die Gondeln Trauer. Unten, in der Radium, werden die Mülltonnen zu Samba- Trommeln. Zwischen Himmel und Hölle treffen wir ein paar Schwarze. Als wir den Daumen hochhalten, bricht es aus ihnen heraus: „Brazil! Brazil!“ War ja klar: Der Ballzauberer Romário vorne, die schwarze Perlenkette hinten – wer sollte da schon zur käseweißen Lasagnetruppe halten?

In dieser Ballnacht kommt es zu Bruderbünden, die im alten Südafrika undenkbar gewesen wären. Dazu muß man wissen, daß es in Orange Grove fast keine Brasilianer gibt. Die meisten sind Portugiesen – Zuwanderer, die die Angst vor dem Kommunismus aus Angola und Mosambik getrieben hat und deren Herrenmenschentum zwischen Krügerpark und Kap noch einmal richtig aufgeblüht ist. Sie waren, was den Rassismus angeht, die einzigen, die selbst die Buren noch rechts überholten. Und jetzt tanzen sie mit dem „Untermenschen“ Lambada! Da sage noch einer, der Fußball diene nicht der Männervölkerverständigung...

Dem Buren als solchem war das Finale ziemlich wurscht. Er verfolgte den Shoemaker-Levy 9 und bedauerte, daß die Kometengranaten nicht auf die Union Buildings zu Pretoria niedergegangen sind, wo bekanntlich der Kommunist und Antichrist regiert. Ansonsten war nur das Lederei wichtig, nicht die Lederkugel. Erstens prügelten sich am selbigen Tage die Springbokkies, das Rugbyteam, in Neuseeland mit Waikato herum. Zweitens gingen die „Blauen Stiere“ aus Transvaal auf die Raufballer von Natal los. Durch Orange Grove aber scholl's lange noch, Tafarelli, lebe hoch!

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