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Lobet die Frauen!

■ Aus einem aktuellen Ratgeber für Manager und Betriebsräte

Berlin (taz) – Die Frauen sind doch unbekannte Wesen: Um sie führen zu können, braucht der deutsche Manager Rat und Hilfe. Genaueres dazu erfährt er im Kapitel 4.3 des Mai-Hefts 1994 der Loseblattsammlung „Arbeitssicherheit“, ein „Handbuch für Unternehmensleitung, Betriebsrat und Führungskräfte“ (Haufe-Verlag Freiburg). Kapitelüberschrift: „Unterschiedliche Interessen und Antriebe“.

Zitat: „Frauen sind meist ... auf Kontakt mit anderen Menschen eingestellt, ja oft angewiesen. Sie ziehen deshalb die Arbeit in einer Gruppe, die ihnen Geborgenheit vermittelt, nicht selten dem Einzelarbeitsplatz vor. Sie ... verhalten sich oft unangemessen und für andere unverständlich, wenn eine Umsetzung in eine für sie fremde Umgebung geboten ist.“ Die Frau, das sensible Wesen. Wer eine gute Führungskraft sein will, muß fürsorglich sein, die in der harten männlichen Geschäftswelt geltenden Regeln der Distanz vergessen und sich tief in das Mysterium der weiblichen Psyche hineinbegeben: „Frauen sind seelisch labiler als Männer, vor allem vor, während oder nach Regelblutungen, insbesondere aber während der Schwangerschaft und in den Wechseljahren“, weiß der Ratgeber.

Wohlgemerkt, laut Verlag verfaßten „Juristen, Psychologen, Naturwissenschaftler und Ökonomen“ das soeben aktualisierte Werk. Bei so viel geballter Kompetenz wollen wir natürlich weiterlesen – und gelangen direkt zum Geheimwissen männlicher Führungskräfte. „Noch stärker als Männer reagieren Frauen auf Lob und Tadel... Ein anerkennendes, aufmunterndes Wort zur rechten Zeit spornt an und hilft, Auseinandersetzungen zu vermeiden.“ Wie sagte doch unlängst ein Personalleiter im Gespräch unter vier Augen zu einem Wirtschaftsberater (der das Zitat überlieferte): „Wissen Sie, Frauen muß man immer loben, aufmuntern, das wirkt. Da brauchen Sie keinen Gehaltszuschlag. Geld wollen nur die Männer.“ Was sind wir doch edel: Lobet die Frauen! Barbara Dribbusch

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