: Integration statt Diskriminierung
■ betr.: „ADFC-Vorstand mit schwerer Panne“, taz vom 18.7.94
Gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten nimmt der ADFC keine diskriminierende Stellung ein, im Gegenteil – Eingliederung ist angesagt. Integration, nicht Separation prägt die Arbeit des ADFC.
Natürlich gibt es im ADFC Angebote, die sich an bestimmte Zielgruppen richten, allerdings nur dann, wenn unterschiedliche Rahmenbedingungen im Umgang mit dem Fahrrad dies sinnvoll machen. [...] Unter diesen Angeboten für Zielgruppen sind auch solche nur für Frauen: Bei den Fahrradtechnikkursen hat sich gezeigt, daß es Frauen gibt, die Hemmungen haben, „ihre technischen Fähigkeiten“ in einer Runde mit Männern unter Beweis stellen zu müssen. Deshalb gibt es seit langem eigene Frauentechnikkurse im ADFC. Daneben gibt es auch Radtouren nur für Frauen, da manche Frauen das restliche ADFC-Tourenangebot als zu sportlich und leistungsorientiert empfanden. Dagegen gibt es im ADFC keine Angebote für gesellschaftliche Gruppierungen wie bestimmte Berufsgruppen, Arbeitslose, Angehörige einer bestimmten Konfession, AusländerInnen, Mitglieder einer Partei, Rothaarige oder Bartträger, um einige Beispiele zu nennen, da hier keine verkehrspolitischen Zusammenhänge erkennbar sind.
Der fehlende Bezug zum Thema Fahrrad trifft auch auf lesbische Frauen zu. Im Rahmen der ADFC-Angebote steht ihnen wie allen anderen Mitgliedern selbstverständlich eine Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen offen und genauso auch die Übernahme von verantwortlichen Ämtern innerhalb aller Ebenen der vorgegebenen ADFC-Strukturen. [...]
Die tiefere Ursache, warum im Fall der vorgeschlagenen Lesbentour eine Auseinandersetzung mit dem Thema im Vorfeld unterblieben war, ist darin zu sehen, daß die Spielregeln für die verschiedenen Abläufe innerhalb des ADFC München nicht klar genug festgelegt waren.
Als erste Konsequenz daraus wurde inzwischen für den Planungsrat (ein internes Arbeitsgremium) auf der Grundlage bereits bestehender Vereinbarungen eine Geschäftsordnung ausgearbeitet.
[...] Der ADFC-Landesvorstand ist an einer sachlichen Auseinandersetzung und einer einvernehmlichen Lösung im vorliegenden Konflikt interessiert. Um dies zu erreichen, läuft derzeit ein Schlichtungsverfahren. Ziel ist es, unter neutraler Leitung alle Beteiligten zusammenzuführen zu einem Gespräch am runden Tisch, um nach einer Lösungsmöglichkeit zur Bereinigung des Konfliktes zu suchen, mit der alle leben können.
Der Landesvorstand ist darüber hinaus bereit, sich dem Thema zu stellen und die Diskussion in den dafür vorgesehenen Gremien zu führen, also zum Beispiel in der im November stattfindenden Mitgliederversammlung in München. ADFC Bayern e.V., München
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