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Unheimlich virtuell

■ Informatik-Welt-Kongreß bis Freitag im CCH: Computer in Kunst und Kultur

Computer und Musik – ein Thema für sich. Gleichwie Anfang der Achtziger die Verbreitung der elektronischen Musikinstrumente zunahm, stieg auch die Ablehnung der dahintersteckenden Technik. „Seelenlose Musik“ sagten die einen, „Etwas für Doofe“ andere. Wie dem auch sei – an der kritischen Haltung gegenüber Computern im Bereich Kunst und Kultur hat sich bis heute nur wenig geändert.

Das wissen auch diejenigen, die sich intensiv damit beschäftigen. Der Bremer Mathematiker Frieder Nake zum Beispiel, der sich in seinem Vortrag beim 13. Welt-Computer-Kongreß in Hamburg mit der Frage beschäftigte, wann das erste Meisterwerk aus dem Computer fällig sein werde. Die Frage konnte er zwar nicht beantworten, war sich aber sicher, daß die Menschen zu viel von der Computer-Kunst erwarten würden. In der Tat wirkten viele Bilder, die Nake zeigte und die per Computer entstanden waren, wenig spektakulär: künstlich und nicht kunstvoll.

Ähnliches galt zuweilen auch für die Musikbeispiele von Jean-Claude Risset (Marseille) und Tod Machover (MIT in Boston). Teilweise sehr entfremdete Töne, aber auch vertraut Klingendes stellten die Informatiker und Komponisten vor. Und Instrumente, die per Sensoren auf Handbewegungen reagieren – fast schon Zukunftsmusik und doch sehr real.

Schon 1997 will Machover die erste Oper vorstellen, die interaktiv und künstlich-real (virtual reality) neue Maßstäbe in der Konstruktion von Ton-Bild-Welten setzen soll. Wie die beiden stellte auch György Ligeti, der in Hamburg lebende Komponist, eines klar: Trotz fortgeschrittener Technologien sollte die Elektronik nie mehr als ein Hilfsmittel sein – ob für Komposition oder Realisierung. „Maximal eigenes Hirn und minimal Computer“, lautet die Devise des 71jährigen. Seine Worte in die Ohren vieler Informatiker: Für die ist der Computer noch immer kritiklos das Nonplusultra.

Clemens Gerlach

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