: Auffälliges Schweigen über Flughafen
CDU entdeckt Grundstücksspekulation der Flughafen-Holding als Wahlkampfthema / Doch das Interesse an einer tatsächlichen Aufklärung fehlt ihr offenbar genauso wie der SPD ■ Von Dirk Wildt
Vier Tage vor der Landtagswahl in Brandenburg haben die Berliner CDU und Finanzsenator Elmar Pieroth (CDU) ein neues Wahlkampfthema entdeckt: Die Grundstücksspekulationen um den Flughafen Schönefeld, die bis 1997 Verluste von 902 Millionen Mark verursachen werden. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Volker Liepelt, forderte eine „sofortige Veröffentlichung“ von Berichten des Brandenburger Rechnungshofs und schrieb an Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD), daß jede Verzögerung so kurz vor einer Landtagswahl „zwangsläufig den Eindruck des Vertuschens“ hervorrufe. Und Pieroth will „die Verschwendung von Berliner Steuergeldern verhindern“.
Tatsächlich aber hat nicht nur die SPD, sondern auch die CDU kein Interesse an einer tatsächlichen Aufklärung der Frage, warum 118 Hektar wertloses Ackerland für den Phantasiepreis von über 300 Mark pro Quadratmeter angekauft werden konnten. Denn beide – Berliner CDU sowie Brandenburger und Berliner SPD – haben ihre Vertreter im Aufsichtsrat der Berlin-Brandenburger Flughafen-Holding (BBF) sitzen. In den Finanzskandal verwickelt sind auf der CDU-Bank Herwig Haase (Verkehrssenator), Volker Kähne (Chef der Senatskanzlei) und Theodor Strauch (Ex-Staatssekretär der Finanzverwaltung) sowie auf der SPD-Bank Klaus Kühbacher (brandenburgischer Finanzminister) und Norbert Meisner (Wirtschaftssenator).
Die Brandenburger CDU, im Gegensatz zu ihren Berliner Parteifreunden unbeteiligt, forderte gestern die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Doch in Berlin übt sich die Große Koalition in derart auffälliger Zurückhaltung, daß die Finanzexpertin von Bündnis 90/Die Grünen, Michaele Schreyer, vermutete: „Die haben sich heimlich abgesprochen“ – um in Berlin einen Untersuchungsausschuß zu verhindern.
Liepelt und der parlamentarischer Geschäftsführer der SPD, Helmut Fechner, machten gestern wenig Anstalten, einen anderen Eindruck zu erwecken. Fechner warnte vor einer Inflation von Untersuchungsausschüssen: „In Berlin wäre dies der vierte.“ Das Parlament beschäftigt sich bereits mit der Aufklärung von Stasi-Verdächtigungen gegen Abgeordnete sowie Heckelmanns Versagen bei der freiwilligen Polizeireserve und dem Mykonos-Attentat. Auch Liepelt wußte nicht, „ob ein Untersuchungsausschuß nötig ist“.
Beide hofften, daß der Bericht des Berliner Landesrechnungshofs, der kommende Woche sowohl den beteiligten Senatsverwaltungen wie den Abgeordneten des Vermögensausschusses vorgelegt wird, so erhellend sei, daß ein weiterer Ausschuß überflüssig sei. Eine Vermutung, für die es laut Schreyer keinen Anlaß gibt. Denn der Berliner Rechnungshof dürfe nur das Verhalten der Aufsichtsratsmitglieder der Berliner Landesregierung kontrollieren und bewerten. Die Rechte eines Untersuchungsausschusses seien vergleichbar weitgehend wie die eines Gerichts. So könnte etwa geprüft werden, wer welches Geld an wen gezahlt hat und welche Rolle die zwischengeschaltete Brandenburger Landesentwicklungsgesellschaft (BLEG) gespielt hat. Die Grünen werden kommenden Donnerstag die Einrichtung des Untersuchungsausschusses fordern.
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