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„Texte über nichts“

■ Warum Willi Podewitz, 31 Jahre alt, Texter ohne Berufsbezeichnung, weg muß aus Bremen

„Ich muß so schnell wie möglich weg aus Bremen, aber ich kann nicht weg.“ Willi Podewitz, 31 Jahre alt, versorgt die BremerInnen allmonatlich mit seinen Alltagsglossen in der Schlachthofzeitung „Zett“ und absolviert neben seinem etwas vernachlässigten Studium der Geisteswissenschaften fünf bis zehn Auftritte im Jahr mit eigenen Texten. Warum er nicht weg kann? „Weil ich noch zig Scheine machen muß für mein Examen. In Bremen werde ich nichts. Schließlich bleibt mir nichts übrig als mit meinen Texten richtig Geld zu verdienen.“

Er ist ein rasanter, auf Pointen bedachter Schreiber, der bei aller Wortspielerei genau beobachtet und über das nötige Quentchen melancholisch-zynischer Ironie verfügt. „Texte über gar nichts“ nennt er seine Szenen, Satiren, Dialoge und Parodien, die vom Stolpern auf einsamen Spaziergängen handeln, von lächerlichen Träumen und verfehlter Liebelei, vom fanatischen Sportreporter, Jesus im Weserstadion und allem, was sich einem aufmerksamen Blick für ein Publikum anbietet, das über das eigene Leben lachen können will.

„Ich kann mich zu nichts anderem durchringen, und die nächtlichen Kneipentouren, das dauert mir jetzt alles schon zu lange. Früher wollte ich Musiker werden, unbedingt, mit dem Elektro-Baß, danach Maler und bis vor vier Jahren noch Schriftsteller, o je, da gibt es immer noch die schlimmsten unvernichteten Zeugnisse. Inzwischen schreibe ich diese ,lustigen Texte', und weiß eigentlich nicht mehr, was ich bin. Humorist? Wehe! Kabarettist? Um Gottes Willen! Bloß nicht wie Hildebrandt und Konsorten, die vor einem ehrfürchtigen Publikum so tun, als ob sie Radikales oder Unerlaubtes von sich geben. Ich suche händeringend nach einer Berufsbezeichnung...“

Seit seiner Kindheit schätzt Willi Podewitz den Komiker Otto sehr, und es sind nicht nur die langen blonden Haare und die schmale hippelige Gestalt, die beide verbindet, sondern auch eine kalkuliert überstürzte Sprechweise und ein Humor, der ohne große Umstände aus einem „Drogensüchtigen“ einen „Hosensüchtigen“ macht, um dem „Gin des Lebens“ auf die Spur zu kommen.

Bevor endlich die große Karriere des in die entscheidenden Jahre gekommenen Junggenies ihren Lauf nehmen kann, tritt Willi Podewitz heute abend zusammen mit seinem Bruder Peter noch einmal in der heimatlichen „Galerie des Westens“ auf, mit Gedichten, Szenen und Einaktern zu einem „Podewitz-unplugged“-Abend.

Cornelia Kurth

20 Uhr, GaDeWe Reuterstr. 9 17

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