PKK terrorisiert kurdische Dissidenten

■ Mehrere Attentate wegen Kritik am Organisationschef Öcalan

Bremen (taz) – Mordversuch wegen Kritik am PKK-Führer. Bremen, letzter Freitag: Am Nachmittag betreten drei Männer die Teestube des „Deutsch-Türkischen Freundschaftsvereins“ und fragen nach Fuat K. Als der sich meldet, sticht einer sofort zu. Ein zweiter schlägt mit einem Hammer auf den 26jährigen ein. Das Opfer bricht schwer verletzt zusammen. Besucher des Vereinslokals versuchen zwar, die Angreifer zu überwinden, doch die können unerkannt entkommen. Fuat K. wird in ein Krankenhaus gebracht, wo er wegen akuter Lebensgefahr sofort operiert werden muß.

Hamburg, am selben Abend: Der Kurde Halil A. wird brutal überfallen. Auch er muß in ein Krankenhaus gebracht werden. „Die Lage ist nach wie vor ernst“, sagte gestern der ermittelnde Bremer Staatsanwalt Hans- Georg von Bock und Polach. In den vergangenen zehn Tagen wurden mindestens sechs Kurden angegriffen und zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der Hintergrund war stets derselbe, wie der Kurde Selim Cürükkaya erzählt: Die Opfer hätten sich für ein Buch interessiert, auf dessen Besitz offenbar schwere Strafen stehen – bis zur Hinrichtung. Das Buch heißt „Apo‘nun Ayetleri“ und ist von Cürükkaya verfaßt worden. Bis 1993 gehörte der 40jährige zur Führungselite der Kurdischen Arbeiterpartei PKK, er hatte deshalb mehr als zehn Jahre in türkischen Gefängnissen verbracht. 1993 fiel er beim PKK-Führer Abdullah Öcalan in Ungnade, er konnte im letzten Moment nach Beirut flüchten und lebt seit dem vergangenen Jahr verborgen in Deutschland. In seinem Buch rechnet der Insider mit dem diktatorischen Führungsstil Öcalans ab. Öcalan soll anschließend die Losung ausgegeben haben, alle Leser „zu verbrennen und zu töten“. Diesen Zusammenhang verfolgen nun auch die Ermittlungsbehörden. Eine Hausdurchsuchung bei einem Verdächtigten verlief aber ergebnislos, erklärte gestern Staatsanwalt von Bock und Polach.