: Israel sieht Beispiel für Syrien
■ Nach dem Friedensabkommen Konflikt zwischen Jordanien und PLO über die heiligen Stätten in Ostjerusalem
Tel Aviv (taz) – Zwei Wochen ehe in den USA ein neuer Kongreß gewählt wird, kann US-Präsident Bill Clinton mit einem neuen Erfolg als Friedensstifter brillieren: Am 26. Oktober wird er dabeisein, wenn Israel und Jordanien am neuen Arava-Grenzübergang zwischen beiden Staaten den am Montag paraphierten Friedensvertrag unterzeichnen.
Aus israelischer Sicht bringt der Pakt mit Jordanien eine neue „strategische Tiefe im Osten“, die Israels Flanke und längste Verteidigungslinie entlang der Jordansenke und südlich des Toten Meers bis Eilat wesentlich entlastet. Die Führer der rechten Oppositionsparteien in Israel hinterfragen zwar Einzelheiten des von Regierungschef Jitzhak Rabin (Arbeitspartei) paraphierten Abkommens, begrüßen jedoch den Pakt „mit einem Partner, der aufrichtig Frieden sucht“, wie der an der Spitze des Likud stehende Benjamin Netanjahu erklärte.
Das Grenzabkommen – Israel pachtet bisher landwirtschaftlich genutztes, an Jordanien zurückgegebenes Gelände – und die im Abkommen enthaltenen Kompromißlösungen für eine gemeinsame Nutzung der Wasserresourcen werden in Israel bereits als Vorbild für eine zukünftige Lösung mit Syrien im Golan dargestellt. Die Regierung in Damaskus hat diese Vorstellungen jedoch zurückgewiesen und betont, daß die Bedingung für einen Frieden auch weiterhin die Rückgabe der gesamten von Israel eroberten Golanhöhen bleibt.
Die palästinensische Selbstverwaltungsbehörde (PNA) in Gaza hat den israelisch-jordanischen Friedensschluß im Prinzip begrüßt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß auch Syrien und der Libanon den Weg zu einer umfassenden Friedenslösung in der Region finden mögen. Feisal Husseini, der für Jerusalem zuständige PLO- Vertreter und andere Persönlichkeiten in der Westbank forderten, daß Jordanien und Israel die palästinensischen Interessen wie das Flüchtlingsproblem und Wasserfragen respektieren. In der Westbank herrscht Ärger darüber, daß Jordanien die Details des Abkommens nicht mit den Palästinensern koordiniert hat.
Zwischen Amman und der PNA gibt es noch viele Differenzen. So ist in Ostjerusalem die Frage der Verwaltung der islamischen Institutionen umstritten. Für den in der Vorwoche verstorbenen Mufti von Jerusalem, Suleiman Jaaberi, hat Jordanien bereits einen Nachfolger ernannt. Die PNA in Gaza besteht jedoch darauf, ihren eigenen Kandidaten für das Amt zu küren. Der erwartete baldige Besuch des jordanischen Königs in Jerusalem wird den Konflikt voraussichtlich weiter eskalieren. Amos Wollin
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